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Russland bombt vom Iran aus

SYRIEN Moskau hat Langstreckenbomber in der Islamischen Republik stationiert. Diese greifen mehrere Städte an, darunter auch Aleppo. Kritik am Einsatz von Brandbomben

Nach einem russischen Luftangriff am Montag auf Aleppo Foto: Michael Alaeddin/Sputnik/dpa

MOSKAU/BERLIN rtr/taz | Russland hat am Dienstag erstmals vom Iran aus in den Syrienkrieg eingegriffen. Langstreckenbomber und Jagdflugzeuge hätten vom iranischen Stützpunkt Hamadan aus Angriffe gegen islamistische Milizen in Syrien geflogen, teilte das russische Verteidigungsministerium mit.Damit hat die russische Luftwaffe zum ersten Mal seit dem Beginn ihrer Luftangriffe in Syrien im vergangenen September einen ausländischen Stützpunkt außerhalb Syriens genutzt. Dies belegt einmal mehr die engen Beziehungen zwischen Russland und dem Iran. Beide Länder unterstützen Syriens Präsident Baschar al-Assad.

In russischen Medien war zudem berichtet worden, Russland habe Iran und Irak um die Erlaubnis für Überflüge von Marschflugkörpern nach Syrien gebeten. Sie sollen von Schiffen im Kaspischen Meer aus gestartet werden. Die Nachrichtenagentur Irna zitierte den Chef des Nationalen Sicherheits­rates des Iran, Ali Schamchani, mit den Worten, es gebe eine strategische Zusammenarbeit mit Russland beim Kampfgegen den Terrorismus in Syrien. „Wir teilen dabei unser Potenzial und unsere Einrichtungen.“

Soweit bekannt, ist es das erste Mal seit dem Sturz des Schah-Regimes 1979 überhaupt, dass Iran einer auswärtigen Macht gestattet hat, vom eigenen Territorium Angriffe zu fliegen. Gemäß Artikel 146 der iranischen Verfassung ist es nämlich verboten, dass ausländische Truppen auf Basen der Islamischen Republik stationiert werden – auch zu friedlichen Zwecken. Eine temporäre Nutzung ist jedoch möglich, vorausgesetzt, die Regierung erteilt dem befreundeten Land eine entsprechende Erlaubnis.

Nach den Angaben des russischen Verteidigungsministerium galten die Angriffe dem „Islamischen Staat“ (IS) sowie der früher als al-Nusra bekannten Miliz in den syrischen Provinzen Aleppo, Idlib und Deir al-Sur. Die Bomber seien durch Jagdflugzeuge geschützt worden, die auf dem Stützpunkt Hmeymim in der syrischen Provinz Latakia stationiert seien. In Aleppo kamen nach Angaben von Aktivisten mehr als 30 Menschen durch russische Luftangriffe ums Leben, darunter 19 Zivilisten.

Der staatliche Fernsehsender Rossija 24 berichtete, mit der Stationierung der Flugzeuge im Iran werde die Flugzeit bis zum Einsatzgebiet um 60 Prozent reduziert. Für den so eingesparten Treibstoff könnten mehr Bomben geladen werden. Bislang flogen die Überschallbomber TU-22M3 von Südrussland aus nach Syrien. Für den russischen Luftwaffen-Stützpunkt in Syrien seien sie zu groß, hieß es in der russischen Presse.

Für den bei kürzerer Flugzeit eingesparten Treibstoffkönnen mehr Bomben geladen werden

Die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) warf Russland und Syrien am Dienstag den Einsatz von Brandbomben gegen Zivilisten vor. Die Waffen, die Feuer auslösen können, seien mindestens 18 Mal in den vergangenen sechs Wochen benutzt worden, kritisierte HRW. Zu den Zielen am 7. August hätten unter anderem auch Aleppo und Idlib gehört. Beate Seel

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