piwik no script img

CDU-LandtagspräsidentGüssau tritt zurück

Sachsen-Anhalt Die Wahlbetrugsvertuschungs-vorwürfe bezeichnet Güssau als „Vorverurteilung“

Ministerpräsident Reiner Haseloff zollte Güssau Respekt

DRESDEN taz | Sachsen-Anhalts Landtagspräsident Hardy Peter Güssau hat vor dem auf ihm lastenden politischen Druck kapituliert. Noch bevor am Montagmittag der Ältestenrat eine Empfehlung zu seinem Verbleib im Amt abgeben konnte, erklärte er seinen Rücktritt. In den Wochen zuvor hatte er mehrfach versucht, Vorwürfe von Vertuschungsversuchen einer Wahlfälschung 2014 in seiner Heimatstadt Stendal zu entkräften. Zuletzt hatte ihm der Koalitionsausschuss von SPD, Grünen und seiner eigenen CDU einen Fragenkatalog vorgelegt, den Güssau fristgemäß bis Sonntagabend beantwortet hatte. Die Linke hatte bereits mit einem Abwahlantrag gedroht.

Nur vier Monate nach der Konstituierung des Landesparlaments in Magdeburg sind damit bereits zwei Landtags­präsidentenposten vakant. ­Anfang Juni hatte Vizepräsident Daniel Rausch von der AfD bei der ersten von ihm zu ­leitenden Sitzung nach wenigen Minuten resigniert, weil er sich völlig überfordert fühlte. Der 53-jährige Güssau ging jetzt ­allerdings nicht freiwillig. In ­seiner vor dem Ältestenrat verlesenen ­Erklärung nennt er die gegen ihn erhobenen Vorwürfe weiterhin „unsubstantiiert und boshaft“. Güssau betont, dass es keine strafrechtlich relevanten Ermittlungen gegen ihn gebe, und fügt hinzu: „Ich habe nicht vertuscht, nicht getarnt und auch nicht getrickst.“ Dann ­beklagt er sich, dass seine rund 70 Antworten nicht gebührend gewürdigt wurden und statt­dessen eine Vorverurteilung erfolgt sei. Wegen des gestörten Vertrauens aber trete er dennoch „im Bewusstsein meiner persönlichen Unschuld“ zurück.

Für diese Rücksichtnahme auf „übergeordnete Belange“ zollte ihm Ministerpräsident und Parteifreund Reiner Haseloff Respekt. SPD-Landeschef Burkhard Lischka, der zuvor erheblichen Druck auf Güssau ausgeübt hatte, begrüßte, dass sich die Koalition nun „wieder uneingeschränkt der politi­schen Sacharbeit widmen kann“. Die oppositionelle Linke nannte Güssaus Schritt „spät, aber ­richtig“.

Michael Bartsch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen