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Gefährliche Grauhörnchen

BIODIVERSITÄT 37 Tiere und Pflanzen dürfen seit Mittwoch in der EU nicht mehr gehandelt oder gehalten werden, weil sie fremd sind und heimische Arten verdrängen können

Etwa 12.000 gebietsfremde Arten gibt es in Europa, etwa 10 Prozent sind invasiv

Von Jonas Achorner

BERLIN taz| In Italien ist das Grauhörnchen schon zu Hause. Aus Amerika eingewandert, verdrängt es die heimischen Eichhörnchen. Es ist ein Beispiel für eine invasive Art, die heimischen Tieren oder Pflanzen den Lebensraum streitig macht und so die Biodiversität schmälert. In Deutschland ist das Grauhörnchen noch nicht beheimatet, und das soll auch so bleiben.

Darum steht es auf einer „schwarzen Liste“ der EU-Kommission, die am ges­trigen Mittwoch in Kraft ­getreten ist. Demnach ist es künftig verboten, die 37 dort aufgelistetenen Tier- und Pflanzenarten einzuführen, zu handeln oder zu halten. Mit der Liste hat die EU-Kommission erstmals für alle Mitgliedsstaaten eine rechtsverbindliche Handlungsgrundlage geschaffen – auch wenn es in einigen Ländern, so auch in Deutschland, schon nationale Regelungen gab.

Auf der Liste stehen neben dem Grauhörnchen (Bild ganz rechts) auch die gelbe Scheincalla (Bild rechts) und der Marmorkrebs (Bild oben), die sich beide schon in Deutschland heimisch fühlen. Die Liste wird künftig laufend ergänzt. Etwa 12.000 gebietsfremde Tier- und Pflanzenarten gibt es in Europa, etwa 10 Prozent davon sind invasiv, das heißt, sie verdrängen heimische Lebewesen. In Deutschland treten 24 der 37 gelisteten Arten in der Natur auf.

Die Reaktionen auf die Brüsseler Liste könnten unterschiedlicher nicht sein – den einen ist sie zu kurz, den anderen zu lang. Das Bundesumweltministerium verweist auf die eigenen Bestimmungen, mit denen schon bisher invasive Tierarten eingedämmt werden konnten. „Jetzt müssen noch zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden“, so ein Ministeriumssprecher. „Die aktuelle Unionsliste enthält auch verbreitete Arten wie Waschbär oder Nutria.“ Das berge die Gefahr, dass ohnehin knappe Mittel und Ressourcen gebunden werden, ohne dass sich für den Naturschutz spürbare Erfolge erzielen ließen. Ein so weit verbreitetes Tier wie der Waschbär lasse sich nicht mehr ausrotten. „Um einen möglichst effizienten Einsatz der verfügbaren Ressourcen zu gewährleisten, muss der Schwerpunkt jedoch auf der Bekämpfung neu auftretender invasiver Tier- und Pflanzenarten liegen“, fordert der Sprecher.

Ganz anders sieht das Till Hopf, Naturschutzexperte des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu). Er begrüßt die Liste prinzipiell, doch hält er sie für nicht umfassend genug. „Beispielsweise ist der Riesenbärenklau nicht angeführt“, so Hopf, „obwohl er die menschliche Gesundheit gefährdet.“ Je mehr invasive Tiere und Pflanzen auf der Liste stünden, desto mehr Mittel gebe es, sie zu bekämpfen. „Das ist auch eine Frage der Finanzierung“, erklärt Hopf.

Mehr Geld fordert in diesem Zusammenhang James Brückner vom Deutschen Tierschutzbund. Der Artenschutzreferent sagt, schon jetzt seien die Auffangstellen etwa für Waschbären überfüllt. Alle Maßnahmen gegen die invasiven Arten müssten zudem mit dem Tierschutz vereinbar sein.

Heinz Klöser, Experte für invasive Arten im Bundesarbeitskreis Naturschutz der Umweltschutzorganisation BUND, fordert hingegen „größere Gelassenheit“ angesichts der invasiven Arten. Auch manche heimischen Tiere und Pflanzen würden sich stärker ausbreiten als andere, etwa der lästige, aber durchaus leckere Giersch, der Pflanzen in seiner Nähe überwuchert. Ohnehin würde die Erderwärmung die Lebensräume grundlegend verändern. „Mit dem Klimawandel werden wir andere Arten aufnehmen müssen“, so Klöser.

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