Pegida-Partei? Gibt es nicht!

AfD-Alternative Im Juni sei die „Freiheitlich Direktdemokratische Volkspartei“ gegründet worden, verkündete Pegida-Chef Lutz Bachmann. Die Behörden wissen davon nichts

Auf der Straße, aber noch keine Partei: die Pegida-Bewegung Foto: Jungeblodt

von Michael Bartsch

DRESDEN taz | Eine Sprecherin des Bundeswahlleiters in Wiesbaden fragt noch einmal ungläubig nach. Nein, über die Gründung einer Pegida-Partei sei nichts bekannt. Auch das sächsische Statistische Landesamt weiß nichts von einer FDDV. Und auch auf der Liste der für die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern zugelassenen Parteien hat sich die „Freiheitlich Direktdemokratische Volkspartei“ nicht versteckt. Die sei aber am 13. Juni gegründet worden, behauptete Pegida-Häuptling Lutz Bachmann beim Dresdner „Abendspaziergang“ vor zwei Wochen. Was genau in der Satzung steht oder wer zu den Gründungsmitgliedern zählt, sagte Bachmann nicht. Einzelheiten würden in den kommenden Tagen folgen.

Es war nicht die erste vollmundige Ankündigung von Lutz Bachmann. Mitte September 2015 hatte er die bevorstehende Gründung einer Pegida-Partei verkündet. Bewegt hat sich seither nichts in dieser Richtung. Nur auf Facebook ist ein FDDV-Eintrag zu entdecken, mit gerade mal 185 „Gefällt mir“-Kommentaren. Der Link zur angeblichen Website der Partei führt jedoch zurück zum Pegida-Eintrag bei Facebook.

Es ist nicht das einzige Durcheinander in der „Bewegung“, die zumindest während der sächsischen Sommerferien nicht mehr auf die Straße gehen will. Zwischen Bachmann und der Scharfmacherin Tatjana Festerling ist es zum offenen Bruch gekommen. Es geht um Eitelkeiten und Eigenmächtigkeiten, unautorisierte Reden und die in Pegida gewachsene, international vernetzte Konkurrenzgruppe „Festung Europa“. Bachmann musste außerdem Anfang Mai die Verurteilung zu einer Geldstrafe wegen Volksverhetzung hinnehmen.

Bei seinem letzten Auftritt am 18. Juli hatte Bachmann sogar in Aussicht gestellt, die neue Pegida-Partei FDDV könnte im kommenden Jahr zur Bundestagswahl antreten. Sie wolle aber nicht mit der AfD konkurrieren und nur in wenigen Wahlkreisen Direktkandidaten aufstellen. Bachmann selbst strebt angeblich keine Parteifunktionen an. Er wolle „der Lutz von der Straße“ bleiben, sagte er.

Die AfD in Sachsen will nicht mit einer Pegida-Partei zusammenarbeiten

Die Gründung einer Partei muss nicht umgehend beim Bundeswahlleiter in Wiesbaden angezeigt werden. Erst bei einer Kandidatur zu Wahlen müssen Bedingungen wie die Vorlage von der entsprechenden Anzahl an Unterstützerunterschriften oder die Vorlage eines Programms erfüllt sein.

Eine Parteigründung widerspräche Thesen des Dresdner Politikwissenschaftlers Werner Patzelt, die er in dem Mitte Juni erschienenen umfassenden Buch über die Bewegung erneuert hatte: „Pegida ist die AfD auf der Straße“, heißt es dort, und im Umkehrschluss weist Patzelt die AfD als den parlamentarischen Arm der rechtspopulistischen Bewegung aus. Die AfD reagiert ablehnend bis peinlich berührt auf solche Verwandtschaftsunterstellungen. Bei einem Treffen während der Pegida-Hochphase im Januar 2015 hatte man noch „große Schnittmengen“ festgestellt. Jetzt lehnt der sächsische AfD-Generalsekretär Uwe Wurlitzer eine Zusammenarbeit mit einer möglichen Pegida-Partei dankend ab. Insbesondere das Orgateam um Bachmann sei „zu unstet“.

In Sachsen herrscht ein eher kühles Verhältnis zwischen beiden Führungszirkeln. In Bundesländern wie Thüringen oder Sachsen-Anhalt, wo Pegida-Ableger nur eine marginale Rolle spielen, übernimmt die AfD selbst die Organisation von Straßenprotesten.