Deutsche Zustände

Die gute Nachricht: Immer mehr Bundesbürger mögen die ­Demokratie. Die schlechte: Eine starke Minderheit sieht das anders

AfD, die neue Heimat für Rechtsextreme

Rechtspopulisten Die Anhänger der Alternative für Deutschland radikalisieren sich, lautet ein Ergebnis der „Mitte“-Studie. Fast jeder Zweite ist gewaltbereit

BERLIN taz | Björn Höcke spricht von „entarteten Altparteien“, Alexander Gauland meint, ein deutscher Pass mache noch lange keinen Deutschen, Jörg Meuthen redet vom „links-rot-grün versifften 68er-Deutschland“. Äußerungen wie diese zeigen: Die AfD-Spitze hat sich radikalisiert. Die neue „Mitte“-Studie zur rechtsextremen Einstellung in Deutschland belegt nun, dass dies auch für die AnhängerInnen der Partei gilt. Ihre Zustimmung zu rechtsextremen Aussagen ist im Vergleich zu 2014 deutlich gewachsen. Dies gilt auch für ihre Akzeptanz von Gewalt.

Befürwortung einer Diktatur, Chauvinismus, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Sozialdarwinismus und Verharmlosung des Nationalsozialismus – in allen Dimensionen rechtsextremer Einstellungen sei die Zustimmung der AfD-Anhänger gestiegen, heißt es in der Studie der Leipziger Rechtsextremismusforscher Oliver Decker und Elmar Brähler. Sie vermuten, dass sich die alten AfD-Anhänger radikalisiert haben, gleichzeitig aber auch neue WählerInnen mit rechtsextremen Einstellungen zur Partei gestoßen sind. 2014 konnten Union und SPD gemeinsam noch knapp die Hälfte der rechtsextrem eingestellten Deutschen an sich binden, 2016 ist es nur noch jeder Vierte. „Die Rechtsextremen haben in der AfD eine neue Heimat gefunden“, so die Forscher. Mehr als jeder Dritte mit entsprechenden Einstellungen würde heute AfD wählen, 2014 waren es nur 6,3 Prozent.

Die potenziellen WählerInnen der AfD sind, wenig überraschend, besonders homophob, sexistisch, islam- und flüchtlingsfeindlich eingestellt. Jeder Zweite fand es „ekelhaft, wenn Homosexuelle sich in der Öffentlichkeit küssen“.

72 Prozent der AfD-AnhängerInnen waren der Ansicht, die Bundesrepublik „sei durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet“. Und 88 Prozent meinten, die meisten Asylbewerber würden „nicht wirklich befürchten“, in ihrem Heimatland verfolgt zu werden.

„Die meisten AfD-Anhänger teilten eine menschenfeindliche Einstellung“, sagt Brähler. Da auch unter den Nichtwählern diese Vorurteile sehr verbreitet sind, folgert er: „Das Potenzial für rechtsextreme oder rechtspopulistische Parteien ist noch größer, als es die Wahlergebnisse bislang zeigen.“

Hinzu kommt bei den AfD-AnhängerInnen eine niedrige Zustimmungsrate zur Demokratie: Die Staatsform, wie sie im Grundgesetz festgeschrieben ist, befürworteten 52 Prozent, so wie sie aus ihrer Sicht funktioniert, nur 11 Prozent. Gepaart mit der hohen Abwertung von Minderheiten, ergebe das „eine gefährliche Mischung an Einstellungen“. Besorgniserregend ist zudem, dass fast jeder Zweite (49 Prozent) der AfD-Klientel Gewalt als legitimes Mittel der Auseinandersetzung anerkannte, 47 Prozent waren nach den Ergebnissen der Leipziger Forscher sogar selbst gewalt­bereit. Sabine am Orde