piwik no script img

Polizei tötet Hunderte Demonstranten

ÄTHIOPIENSeit Ende 2015 kamen bei der Niederschlagung von Protesten über 400 Oromo ums Leben.

KAMPALA/ADDIS ABEBA ap/epd | Bei Protesten in der äthiopischen Region Oromia haben Sicherheitskräfte einem Bericht zufolge seit November mehr als 400 Menschen getötet. Zehntausende weitere seien festgenommen worden, teilte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch am Donnerstag mit. Der Bericht berief sich auf Aussagen von 125 Demonstranten, Augenzeugen und anderen Personen.

Die von Studenten angeführten Protesten waren durch ein Regierungsvorhaben ausgelöst worden, nach dem die Stadtgrenzen der Hauptstadt Addis Abeba nach Oromia ausgeweitet werden sollten. Bauern befürchten, ihr Land zu verlieren. Jeder dritte Äthiopier gehört der Volksgruppe der Oromo an. Der Regierungsvorschlag wurde inzwischen zurückgezogen.

Die äthiopischen Sicherheitskräfte hätten wiederholt mit scharfer Munition in die Menschenmengen geschossen, teilte Human Rights Watch mit. Dabei seien bei vielen der unzähligen Proteste über mehrere Monate hinweg Demonstranten getötet worden. Viele der Opfer seien Studenten und Schüler gewesen, darunter Jugendliche unter 18 Jahre.

Mehr als 300 Opfer hat Human Rights Watch nach eigenen Angaben mit Namen und teils auch Fotos identifiziert. Zeugen hätten zudem ausgesagt, dass Verhaftete in Militärlagern misshandelt, gefoltert oder vergewaltigt worden seien. Aus Angst, verhaftet zu werden, würden sich viele Bewohner der Region um die Hauptstadt Addis Abeba nicht mehr trauen, die Schule oder Universität zu besuchen. Bewohner sprächen von einer Verhaftungswelle bislang ungekannten Ausmaßes.

Sicherheitskräfte hätten „mit offenkundiger Missachtung menschlichen Lebens“ auf „friedliche Demonstranten“ geschossen, sagte die stellvertretende Afrika-Direktorin von Human Rights Watch, Leslie Lefkow. Sie forderte die Regierung auf, zu Unrecht inhaftierte Personen unverzüglich freizulassen und Mitglieder des Sicherheitsapparats für Verstöße zur Rechenschaft zu ziehen. Außerdem verlangte HRW eine glaubwürdige und unabhängige Untersuchung.

Die äthiopische Regierung sieht sich häufig mit Vorwürfen der Rechtsverstöße gegen Oppositionsgruppen, Journalisten und Minderheiten konfrontiert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen