: Kitas ruinieren Bremerhavens Diakonie
soziales Die finanzielle Schieflage hat laut Gewerkschaft das ganze Diakonische Werk in Bremerhaven erfasst: Gefährdet sind rund 400 Jobs. Für deren Erhalt sollten Kirche und Kommunen sich einsetzen, statt einander die Schuld zuzuweisen, fordertVer.di
Zunächst waren es nur die Kita-Plätze und die 65 in diesem Bereich Beschäftigten. Mittlerweile scheint die gesamte Diakonie Bremerhaven vor der Pleite zu stehen: Von 400 bedrohten Arbeitsplätzen ist die Rede. Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di forderte am Montag deshalb von Kirche und Stadt mehr Unterstützung für den Erhalt der Jobs. Die Diakonie ist das evangelische Sozialwerk. Neben Kitas betreibt es in Bremerhaven beispielsweise Pflegeeinrichtungen, Straffälligen-Hilfe und Beratungsangebote für Opfer häuslicher Gewalt.
Vergangene Woche hatte das Diakonische Werk die Insolvenz ihrer Kita GmbH angedroht: Von der wären 300 Kinder und 65 Beschäftigte betroffen. Als Ursache hatte Diakonie-Geschäftsführer Wolfgang Mann den Eigenbeitrag benannt: Seit 2013 versuche man den „neu zu verhandeln“, so Mann. Kirchliche Kita-Träger, die selbst Steuereinnahmen haben, müssen laut Bremer Kita-Gesetz einen Eigenanteil von bis zu 16 Prozent bestreiten. Bei „Trägern mit begrenzter Finanzkraft“ kann der indes auf 0 bis 10 Prozent gesenkt werden. Eine ähnliche Regelung gibt es außer in Bremen nur in Thüringen.
In der Vergangenheit sei der Betrag in Höhe von 300.000 Euro mit Einnahmen aus anderen Geschäftsbereichen und durch einen Lohnverzicht aufgebracht worden, teilte Mann mit. Da sich die Diakonie in Bremerhaven aber insgesamt in einer finanziellen Schieflage befinde, sei das nun nicht mehr möglich: „Die finanziellen Möglichkeiten sind ausgeschöpft.“
Damit wäre die Stadt schuld an der Misere: Bremerhavens Sozialstadtrat Rosche hatte das so nicht auf sich sitzen lassen und der Diakonie unverantwortliches Handeln vorgeworfen. Ihre Verwaltung sei extrem teuer, die allgemeinen Ausgaben der Kindergärten überproportional hoch: Das Missmanagement trage das evangelische Sozialwerk „auf den Rücken der Eltern aus“.
Mittlerweile hat die Diakonie einen Antrag auf einen Notlagen-Tarifvertrag mit abgesenkten Bezügen gestellt, teilte nun Ver.di-Sekretär Jörn Bracker mit. Ein Gutachten habe dem Werk „erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten“ attestiert. Einen Beitrag der Beschäftigten werde es aber nur geben, wenn sich Stadt und Kirche an der Sanierung beteiligten und die Zukunftsprognose gut sei. Nach intensiver Diskussion habe Ver.di zwischenzeitlich beschlossen, die Gespräche über einen Notlagen-Tarifvertrag aufzunehmen.
„Unser Ziel war und ist die nachhaltige Sanierung des Unternehmens und der Erhalt aller über 400 Arbeitsplätze“, sagte Bracker. Doch die Arbeit an einem schlüssigen Sanierungskonzept sei „eher schwierig“. Die Gewerkschaft stelle mit Bedauern fest, dass sich bisher weder die hannoversche Landeskirche noch die politisch Verantwortlichen aktiv beteiligten.
„Weder unterstützen sie diesen Sanierungsprozess noch setzen sie sich für den Erhalt der Arbeitsplätze ein“, kritisierte der Ver.di-Sekretär. In diesem Zusammenhang habe man Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD) einen offenen Brief mit der Bitte um Unterstützung geschrieben. (epd/taz)
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