Entwicklungshilfe für Deutschland

STRATEGIE Beim Treffen des Nachhaltigkeitsrats präsentiert Angela Merkel die neuen Ziele für Deutschland: nach UN-Vorbild Kampf gegen Hunger, Armut, Umweltprobleme

UN-Ziel Nummer 11: Weniger Flächenverbrauch, aber auch bezahlbarer Wohnraum Foto: Britta Radike/Bilderberg

Von Bernhard Pötter

BERLIN taz | Als ihre Rede drohte, interessant zu werden, flüchtete sich die Kanzlerin ins Allgemeine: Der Entwurf der Bundesregierung für eine neue Nachhaltigkeitsstrategie knüpfe „an Bewährtes an“. Aber wie diese neue Politik aussehen solle, dazu sagte Angela Merkel (CDU) gestern bei der 16. Jahreskonferenz des Rats für nachhaltige Entwicklung in Berlin nichts Konkretes.

Und auch ihre etwa 500 gespannten Zuhörer mussten rätseln: Denn das 249-seitige Papier hatte die Regierung erst zu Merkels Rede auf ihre Homepage gestellt. Nicht einmal die Vorsitzenden des Nachhaltigkeitsrats waren vorab informiert.

Noch bis zum Vorabend waren Details der neuen Nachhaltigkeitsstrategie innerhalb der Regierung umstritten, hieß es bei der Konferenz. Das ist verständlich. Denn der Leitfaden für die nächsten Jahren übernimmt und übersetzt die UN-Ziele zur nachhaltigen Entwicklung (SDG) für Deutschland. Das passt nicht jedem, etwa wenn deutliche Veränderung bei Landwirtschaft oder Handelspolitik gefordert werden.

Erstmals haben sich mit den SDG 2015 auch die Industriestaaten auf Ziele für eine globale „nachhaltige Entwicklung“ verpflichtet. Diese sehen vor, Hunger und Armut zu bekämpfen, fordern eine bessere Bildung und nachhaltigere Konsummuster, mehr Geld für Umwelt- und Klimaschutz sowie eine Öffnung der Importmärkte der Industriestaaten auch für Entwicklungsländer.

Die Bundesregierung führt nun detailliert auf, wie sie diese Ziele erreichen will. Bei umstrittenen Themen wie Schadstoffen in der Luft (VW-Skandal) sind die entscheidenden Zahlen und Werte allerdings noch offen. Mit 10 Millionen Euro fördert der Bund dagegen Initiativen in den Bundesländern für mehr Nachhaltigkeit. Merkel hob auch die Ausgaben für Flüchtlinge hervor, die den deutschen Beitrag für Entwicklungshilfe von 0,36 auf 0,52 der Wirtschaftsleistung angehoben hätten.

Das Konzept soll bis Herbst debattiert und beschlossen werden. Eine Bilanz der bisherigen Strategie fiel 2012 gemischt aus: Fortschritte bei Klimaschutz, Stärkung der Wirtschaft und weniger Kriminalität; weiter Probleme bei Flächenverbrauch, Artensterben, gleicher Bezahlung von Frauen und Fettleibigkeit der Bevölkerung.

Anderer Konsum, offene Märkte – das passt nicht jedem

Merkel will sich nun für eine neue EU-Nachhaltigkeitsstrategie einsetzen und das Thema beim deutschen G-20-Vorsitz 2017 betonen. Die Parlamentarier fordern mehr Mitspracherecht: Sie wollen jedes Gesetz vor der Zustimmung auf Einhaltung der Nachhaltigkeitsziele abklopfen.

Gar nicht so einfach in der Praxis, meinte Hubert Weiger, Chef des Umweltverbands BUND. Die tags zuvor beschlossene Prämie für Milchbauern sei ein Zeichen, wie wenig nachhaltig die Politik handle: „Statt nach Wegen aus der Überproduktion zu suchen, wird sie weiter subventioniert“, sagte Weiger am Rande des Treffens.

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