Richard Rother über den Natur-Cent im Hamburger Wohnungsbau: Beton bleibt Beton
Wenn es konkret wird, beginnen die Schwierigkeiten. Das gilt auch für die Willkommenskultur: Wenn monatelang eine Schulturnhalle wegen der Flüchtlingsunterbringung gesperrt ist oder wenn auf einer blumenbunten Brache neue Wohnungen für Zuwanderer oder Zugezogene errichtet werden, regt sich auch in bürgerlichen Kreisen Widerstand. Der rot-grüne Senat in Hamburg hat sich nun eine bundesweit einmalige Regelung ausgedacht, die Freunde städtischer Grünflächen beruhigen soll: den „Natur-Cent“, mit dem der Flächenverbrauch von Neubauten ausgeglichen wird. Der Ansatz ist richtig, aber konkret sieht das Ganze wie ein grün gefärbter Ablasshandel aus.
Denn der Flächenverbrauch, den ein Neubau verursacht, wird dadurch nicht verhindert. Beton bleibt Beton – auch wenn ein vorhandener Park im Stadtteil aufgewertet wird. Dorthin soll nämlich das über den Natur-Cent zusätzlich eingenommene Geld fließen. Ein paar neue Büsche und Bäume für den Verlust einer Wiese? Für Naturfreunde ist das wenig attraktiv.
Letztlich steckt Hamburg, wie andere Großstädte Deutschlands, in einem klassischen Zielkonflikt. Weil immer mehr Menschen – nicht nur Flüchtlinge – auf der Suche nach Arbeit und Lebenszufriedenheit in die Städte drängen, ist der Wohnraum dort knapp. Ohne den Bau neuer und günstiger Wohnungen ist der Bedarf nicht zu befriedigen; außerdem stiegen sonst die Mieten und Hauspreise ins Unermessliche. Jeder Neubau versiegelt Flächen. Ob auf der Wiese am Stadtrand oder in der Innenstadt, wo der Bedarf an gepflegten Grünflächen besonders groß ist.
Den politisch Verantwortlichen bleibt nichts weiter übrig, als im Dialog mit den Menschen vernünftige Kompromisse zu finden – und die Entwicklung im gesamten Land, auch die Zuwanderung, besser zu steuern. Andernfalls droht: Dort, wo Platz ist, ist keine Arbeit; und dort, wo Arbeit ist, ist kein Platz.
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