: EU-Vorgaben laden Autobauer zum Frisieren ein
UMWELT Hersteller nutzen laut Studie "systematisch" Schlupflöcher bei Labortests
Den Forschern des International Council on Clean Transportation (ICCT) zufolge lässt sich bis zu ein Drittel der Differenz dadurch erklären, dass die Autobauer ungenaue und veraltete EU-Vorgaben bei sogenannten Ausrollversuchen ausnutzen. Durch Anpassungen an Fahrzeuge und Prüfvorrichtungen hätten die Tests kaum noch etwas mit Realbedingungen zu tun.
Bei der Messung des Fahrwiderstands, also des Einflusses von Luftwiderstand oder Fahrbahnreibung auf Verbrauch und Ausstoß, würden in Europa Vorgaben angewendet, die auf Standards der 70er Jahre beruhen, kritisierte der ICCT. So könnten die Konzerne „für offizielle Ausrollversuche künstlich angepasste Fahrzeuge“ verwenden.
Das genaue Vorgehen der Hersteller bei den Tests kann laut ICCT wegen fehlender Dokumentationspflicht nicht nachvollzogen werden. Die Forscher stellen aber Vermutungen an, wie die Autobauer Fahrzeuge und Prüfstand „frisiert“ haben könnten. Es sei vorstellbar, dass zur Verbesserung der Aerodynamik etwa Seitenspiegel abmontiert und Öffnungen an der Karosserie zugeklebt wurden. Außerdem dürfe man zur Reduzierung der Reibung das Reifenprofil derart „glattschleifen“, das es keinen Sicherheitsstandards mehr entspricht. Durch besonders schwere Reifen sei es möglich, die Autos auf dem Prüfstand weiter rollen zu lassen.
Ebenso vorstellbar sei, dass die Fahrzeuge vor Tests übermäßig lange eingefahren worden seien, um die Reibung der Motorkomponenten zu reduzieren. Auch an den Testvorrichtungen selbst sind laut ICCT Optimierungen möglich. So erlaubten die europäischen Vorgaben eine Neigung der Prüfstrecke von bis zu 1,5 Grad. Bei Benzinern führe das zu einem um bis zu 12,7 Prozent niedrigeren CO2-Ausstoß, bei Dieselfahrzeugen sogar bis zu 15,6 Prozent.
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