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Unter Kontrolle

FLUCHT Neues „Ankunftszentrum“ für Geflüchtete eröffnet in Rahlstedt. Wer absehbar keine Bleibeperspektive in Deutschland hat, kriegt „Rückkehrberatung“

von KAIJA KUTTER

Etwa ein halbes Jahr später als gedacht startet das neue Ankunftszentrum für Flüchtlinge in Rahlstedt den Betrieb. Als „Quantensprung im Flüchtlingsmanagment“, bezeichnete Innensenator Andy Grote (SPD) am Dienstag die Wartehalle am Bargkoppelweg 66 a, die beinahe an ein modernes Flughafen-Terminal erinnert. Auf Monitoren leuchten die Nummern der Wartenden auf, daneben erscheinen auf wechselnden Schrifttafeln Grundsätze über Gleichberechtigung, Menschenrechte und Religion. „Jeder Mensch entscheidet selbst“, steht da zum Beispiel, „ob und an welchen Gott er glaubt.“

Eröffnen soll die Einrichtung am morgigen Donnerstag. Dorthin gelangen die Menschen per Shuttle-Bus vom Bahnhof Rahlstedt aus. Gleich beim Betreten sähen sich „medizinische Fachkräfte“ die Ankommenden an, erklärt Leiterin Birgit Steininger. Sind sie krank, werden sie versorgt, sind sie gesund, dürfen sie weiter zum Infotresen, direkt neben dem Platz für die Kinderwagen. Alles gut durchgeplant. Auch kaltes Essen, Tee und Babykost, Duschen und eine Kinderspielecke sind vorgesehen.

Dahinter liegt der Registrier-trakt: 35 Arbeitsplätze für 70 Mitarbeiter des Einwohnerzentralamts, die von 6 bis 23 Uhr in zwei Schichten arbeiten. Sie nehmen Fingerabdrücke, fotografieren, sehen im System nach, ob die Menschen schon anderswo registriert sind.

Hier entscheidet der Zufall, wer gleich wieder in den Bus steigen kann, weil er – gemäß dem „Königsteiner Schlüssel“ – in ein anderes Bundesland kommt. Im April war das etwa die Hälfte der 1.136 Angekommenen (siehe Meldung). Die übrigen bekommen sofort eine „Chipkarte“ in die Hand. „So geht keiner verloren“, sagte Grote. Und keiner könne sich mehrfach registrieren: Die Software von Bund und Ländern sei jetzt einheitlich.

Bis zu 48 Stunden sollen die Menschen im ersten Trakt der neuen „Super-ZEA“ bleiben. In zwei Lagerhallen wurden dafür nach oben offene Schlafkabinen mit vier, acht, zwölf oder 16 Betten errichtet, insgesamt 1.152 Plätze. Grote zufolge will die Stadt aber nicht wieder in eine Situation wie im vergangenen Herbst geraten, als der Zustrom kaum noch bewältigt worden sei. Theoretisch könne das Zentrum bis zu 1.000 Flüchtlinge am Tag registrieren.

Wer in Hamburg bleiben wird, für den geht es von hier aus ein paar hundert Meter weiter zur Erstaufnahme Bargkoppelstieg: Dort hat das Bundesamt seine Schreibtische stehen. Höchstens fünf Tage sollen die Menschen in dieser Unterkunft mit weiteren 1.120 Schlafplätzen leben – und einfache Asyl-Anträge dann schon entschieden sein. Bei Menschen aus Ländern, die für sicher erklärt werden, könne es sein, dass sie Deutschland wieder verlassen müssen, sagte Grote. Statt auf Abschiebung setze man aber auf „Rückkehrberatung“.

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