Und ewig lockt Podemos

Spanien Regierungsbildung gescheitert. Vier Monate nach der Wahl müssen die Parteien in Madrid ihr Versagen einräumen. An Kompromissfähigkeit herrscht großer Mangel

Podemos-Chef Pablo Iglesias hält am Traum von einer großen Linkskoalition fest Foto: Juan Medina/reuters

Aus Madrid Reiner Wandler

Spanien muss erneut an die Urnen. Über vier Monate nach den Parlamentswahlen vom 20. Dezember hat König Felipe VI. die Verhandlungen zur Regierungsbildung für gescheitert erklärt. Am Montag und Dienstag hatte er mit allen im Parlament vertretenen Parteien Gespräche geführt. Er werde niemanden mehr mit der Regierungsbildung beauftragen, verkündete der Staatschef anschließend. Damit werden Neuwahlen am 26. Juni unumgänglich.

Seit dem Urnengang vergangenen Dezember sitzen im spanischen Parlament erstmals vier Fraktionen. Die konservative Partido Popular (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy, die sozialistische PSOE, die linke Podemos und die rechtsliberalen Ciudadanos (Cs). Keine der Parteien verfügt über eine ausreichende Mehrheit. Die absolute Mehrheit liegt bei 176 Stimmen.

Angeschlagen durch zahllose Korruptionsskandale, fand Rajoy keine Koalitionspartner. König Felipe VI. beauftragte deshalb den Führer der zweitstärkste Kraft, den Sozialisten Pedro Sánchez, mit der Regierungsbildung. Zwar handelte dieser erfolgreich ein Abkommen mit Cs aus, doch reicht dies nicht für eine Mehrheit.

Förmlich im letzten Augenblick versuchte das in der Region Valencia regierende Bündnis Compromis, dem die dortigen Sozialisten und auch Podemos angehören, die Blockade zu brechen. Die Bewegung legte einen 30-Punkte-Plan für eine Koalition aller fortschrittlichen Kräfte vor. Die PSOE akzeptierte 27 Punkte, lehnte jedoch ein Gesetzespaket gegen die Zwangsräumung ebenso ab wie die Streichung der Schuldenbremse und die Rücknahme einer Arbeitsmarktreform, die den Kündigungsschutz aufgeweicht hatte. Außerdem weigerte sich die PSOE, eine Koalition zu bilden. Parteichef Sánchez wollte lieber allein mit seinen 90 Abgeordneten regieren, unter Duldung von Podemos und Cs.

„Dass Neuwahlen im Juni viel ändern, erwartet niemand“

Sánchez sucht die Schuld für die Neuwahlen bei Podemos. Podemos-Chef Pablo Iglesias sieht dies erwartungsgemäß anders. Anders als die PSOE habe sich Podemos kompromissbereit gezeigt, beteuerte der Politikprofessor. Die großen Wirtschaftsvertreter des Landes und die Regionalfürsten und Altpolitiker der PSOE, unter ihnen Ex­premier Felipe González, hätten eine Linksbündnis nicht zugelassen. Diese favorisierten stattdessen eine Große Koalition, um Podemos von der Macht fernzuhalten.

„Wir werden nach den Wahlen der PSOE erneut die Hand reichen“, sagt Iglesias. Podemos versucht jetzt mit der postkommunistischen Vereinigten Linken ein Wahlbündnis zu schmieden, um so die Sozialisten im Juni an den Urnen zu überholen. PSOE und Podemos trennten nur 300.000 Stimmen.

Die große Frage ist nun, ob es zu Wählerverschiebungen kommt. Bisherige Umfragen zeigen, dass dies nicht zu erwarten ist. Dann steht Spanien im Sommer einmal mehr vor einer Blockade, die sich nur durch ein Linksbündnis oder durch eine Große Koalition auflösen lässt.