Konzerne senken ihre Frauenquote: Rosahellblaublümchenfarben

Die Realisierung des Gleichstellungsgesetzes läuft träge: Einige Konzerne setzen die Frauenquote nur peu à peu um – andere wollen sie wieder senken.

Eine Frau gießt ihrer Tochter eine Tasse Tee ein

Kaffeetafeln decken, das können Frauen – so scheint zumindest Keramikhersteller Villeroy & Boch zu denken Foto: imago/Westend61

BERLIN taz | Villeroy & Boch ist was für Frauen. Jedenfalls für solche, die Spaß daran haben, eine Kaffeetafel mit feinem Porzellan zu decken oder Badezimmer einzurichten. So jedenfalls muss es zu verstehen sein, dass der Keramikhersteller auf seiner Website für ein rosahellbaublümchenfarbenes Service wirbt, das er „Mariefleur“ nennt. Oder in einem Foto eine Frau an einen Schreibtisch setzt, die Kunden locken soll fürs „Badplanen von zu Hause“.

Aber Villeroy & Boch ist kein Unternehmen für Frauen, zumindest nicht, wenn sie auf der Karriereleiter ganz nach oben steigen wollen. Unter den 12 Aufsichtsräten findet sich nur eine Frau, der vierköpfige Vorstand ist komplett männlich.

Daran wird vorerst auch das Quotengesetz, das seit 1. Mai vergangenen Jahres gilt, nicht viel ändern. Das traditionelle Familienunternehmen will seinen Frauenanteil in den Topjobs nicht erhöhen. Bei einer Aufsichtsrätin – oder 8 Prozent Frauenanteil – soll es laut dem Verein FidAR (“Frauen in die Aufsichtsräte“), der die veröffentlichten Quotenpläne der Unternehmen zusammengetragen hat, bei dem Unternehmen im saarländischen Mettlach auch bleiben.

Bei Villeroy & Boch will man das so nicht stehen lassen. „Selbstverständlich wird der Aufsichtsrat – so wie es das Gesetz verlangt – eine Frau nachbesetzen, um step-by-step die gesetzlich vorgesehene Quote von mindestens 30 Prozent zu erreichen“, sagt eine Firmensprecherin auf taz-Nachfrage.

Das ist „kontraproduktiv“

Viele DAX-Unternehmen, die vom „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen“, so der offizielle Titel, betroffen sind, halten die Quote für Aufsichtsräte ein. Das Gesetz führt bei einigen Konzernen aber auch zur Negativentwicklung: Sie liegen derzeit über der 30-Prozent-Vorgabe, wollen künftig aber nur noch die gesetzliche Marke einhalten.

Beispiel Henkel: Im Aufsichtsrat des Waschmittelherstellers gibt es derzeit unter den 16 Aufsichtsräten sieben Frauen – eine Quote von fast 44 Prozent. Mit der Topmanagerin Simone Bagel-Trah wird das Kontrollgremium sogar von einer Frau geleitet. In der FidAR-Statistik nennt der Konzern für die Zukunft aber nur noch 30 Prozent. Henkel orientiere sich am Gesetz, sagte eine Unternehmenssprecherin zur taz.

Ebenso geben der Halbleiterhersteller Infineon und Jenoptik in Thüringen, Hersteller von Messtechnik und optischen Systemen, eine geringere Zielgröße für ihre Aufsichtsräte an, als sie jetzt haben. Das Versicherungsunternehmen Münchener Rück will seinen Frauenanteil in dem Gremium von 40 auf 30 Prozent senken. FidAR-Präsidentin Monika Schulz-Strelow bezeichnet das als „kontraproduktiv“.

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