: Ach, wie schön ist Transparenz!
Steueroasen Nach dem Panama-Skandal will die EU große Konzerne zwingen, Gewinne und Abgabenzahlungen offenzulegen. Kritikern geht das jedoch längst nicht weit genug
Aus Brüssel Eric Bonse
Die EU zieht erste Konsequenzen aus den sogenannten Panama Papers. Nach den Enthüllungen über undurchsichtige Briefkastenfirmen sollen Großunternehmen künftig Geschäfte in Steueroasen sowie ihre Steuerzahlungen offenlegen. Das Europaparlament will einen Untersuchungsausschuss einsetzen.
Die Initiativen waren allerdings zum Teil längst geplant. Der Vorschlag der EU-Kommission etwa, der vorsieht, dass rund 6.000 Großkonzerne mit über 750 Millionen Euro Jahresumsatz veröffentlichen, in welchem EU-Land sie Gewinne machen und wie viel Steuern sie darauf entrichten – das hatte das Europaparlament seit Jahren vergeblich gefordert. Jetzt soll er gleich noch um die Länder erweitert werden, die als Steueroasen gelten.
„Obwohl unser Vorschlag nicht als Antwort auf die Panama Papers gedacht ist, gibt es doch eine enge Verbindung zwischen Steuertransparenz und dem Vorgehen gegen Steueroasen“, sagte EU-Finanzkommissar Jonathan Hill. Immerhin gingen den EU-Ländern durch Steuervermeidung jährlich 50 bis 70 Milliarden Euro verloren.
Von der Auslagerung von Gewinnen und der Optimierung der Steuerlast profitieren auch Firmen wie die US-Konzerne Google und Amazon, der schwedische Möbelhersteller Ikea oder deutsche Unternehmen. Ihnen will die EU-Kommission nun auf die Schliche kommen.
Aus Nicht-EU-Ländern wie der Schweiz oder den USA müssen allerdings zunächst keine Steuerdetails transparent gemacht werden. Der grüne Finanzexperte Sven Giegold nannte den Vorschlag deshalb enttäuschend. Zudem fordert er, dass auch kleinere und mittlere Unternehmen erfasst werden. Nicht zuletzt müsse die EU auch Schlupflöcher in den USA schließen. Allein im US-Bundesstaat Delaware seien mehr als eine Million Firmen registriert. Von einer „Mogelpackung“ spricht sein linker Kollege Fabio De Masi. Die EU könne sich nicht mal auf eine Liste der Steuerparadiese einigen.
Sven Giegold, MdEP
Der Wirtschaft geht der Vorschlag hingegen schon viel zu weit. Den deutschen Unternehmen drohten Wettbewerbsnachteile, warnt der Bundesverband der Deutschen Industrie. „Mitbewerber werden durch die Veröffentlichungspflicht sensibler Unternehmensdaten auf Unternehmensstrukturen und Margen schließen“, so Hauptgeschäftsführer Markus Kerber.
Das Europaparlament ließ sich von dieser Schwarzmalerei nicht beeindrucken. Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Gianni Pittella, forderte eine „schwarze Liste“ von Steuerparadiesen und „harte Sanktionen gegen Banken, die dabei helfen, Geld in Steuerparadiese zu schaffen“.
Gemeinsam mit Linken, Grünen und Liberalen wollen die Genossen nun einen Untersuchungsausschuss zum Panama-Skandal einsetzen. Die Konservativen denken noch nach: Die EVP werde „mit aller Härte überlegen“, wie das Parlament weiter vorgehen könne, sagte Fraktionschef Manfred Weber (CSU).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen