: Verdacht auf Betrugsgeschäfte inBHV
SOZIALES Zwei Bremerhavener Vereine sollen in großem Stil Sozialversicherungsbetrug begangen haben. Als Geschäftsmodell gilt die Vortäuschung von Arbeitsverhältnissen mit eingewanderten BulgarInnen
Die Bremer Staatsanwaltschaft hat die Räume zweier Vereine in Bremerhaven durchsucht und dabei rund 1.300 Akten beschlagnahmt. Anlass der umfangreichen Aktion ist der Verdacht, dass in großem Stil Sozialversicherungsbetrug begangen wurde. Als Geschäftsmodell gilt die Vortäuschung von Arbeitsverhältnissen mit bulgarischen ArbeitnehmerInnen, dabei sollen für die Stadt Bremerhaven Schäden in Millionenhöhe entstanden sein.
BulgarInnen haben in Deutschland kein Anrecht auf Sozialleistungen. Daher sollen die Vereine „Agentur für Beschäftigung und Integration“ (ABI) und die „Gesellschaft für Familien und Gender Mainstreaming“, die den selben Vorsitzenden haben, gegenüber den Ämtern fingierte Arbeitsverhältnisse vorgetäuscht haben, aus denen Ansprüche auf Sozialleistungen erwachsen können. Radio Bremen zufolge handelt es sich um eine Gruppe von rund 20 Personen, denen das Organisieren dieses Betrugs zu Lasten gelegt wird.
Der zweifache Vereinsvorsitzende habe insgesamt 800.000 Euro aus diesen Geschäften abgezweigten Geldern an Auslandskonten überwiesen. Insgesamt rund 1.000 fingierte Arbeitsverhältnisse seien vorgetäuscht worden.
Zudem, so berichtet der Sender, sei es aber auch zu tatsächlicher Tätigkeit von Bulgarischen ArbeitnehmerInnen gekommen, die die Vereine vermittelt hätten – ebenfalls in betrügerischer Weise. Den Beschäftigen sei weit weniger als der Mindestlohn gezahlt worden, gesundheitsgefährdende Arbeiten wie das Lackieren von Schiffen hätten diese ohne Schutzkleidung ausführen müssen.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Bremen weist derweil daraufhin, dass der Verein ABI Bremerhaven keineswegs, wie bei buten un binnen berichtet wurde, Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband sei. Vielmehr sei der Verein im letzten Jahr ausgeschlossen worden.
Wolfgang Luz, Vorstand des Paritätischen Bremen, fordert „eine schnelle und lückenlose Aufklärung“ des Falles: „Wenn gemeinnützige Organisationen und ihre handelnden Personen Sozialversicherungsbetrug begehen, so ist das ein schweres Vergehen. Eine solche Straftat schädigt das Gemeinwesen und überdies die Arbeit von unzähligen sozialen Organisationen“, so Luz.
Die Fraktionschefs von SPD und CDU in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung fordern ebenfalls ein konsequentes Vorgehen der Stadt gegen den vermuteten Sozialbetrug, der keineswegs „ein Kavaliersdelikt“ sei.
Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Granz (SPD) geht derweil davon aus, dass die vermuteten Betrügereien die Arbeitslosenstatistik der Stadt in erheblicher Weise künstlich nach oben getrieben haben. Erste Verdachtsmomente hatten sich durch die große Zahl sehr ähnlich formulierter Verträge ergeben. HB
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