Eric Bonse über den Vorschlag der EU-Kommission zur Asylpolitik
: Verschlimmbessert

Die Erfahrung zeigt, dass eine bürokratische Umverteilung nicht funktioniert

Mehr Europa in der Asylpolitik: Das fordert die EU-Kommission in ihrem Vorschlag zur Reform des Dublin-Systems. Auf den ersten Blick klingt das verlockend. Denn das Abkommen von Dublin, nach dem jene EU-Staaten für Asylanträge zuständig sind, in denen die Flüchtlinge europäischen Boden betreten, ist krachend gescheitert.

Spanien, Malta, Italien und Griechenland waren hoffnungslos überfordert, als die Bootsflüchtlinge in den letzten Jahren auf immer neuen Wegen Schutz in Europa suchten. Dublin führte erst zu Chaos in den Mittelmeer-Ländern, dann auf der sogenannten Balkanroute, schließlich auch in Österreich und Deutschland.

Doch warum wollten die Flüchtlinge nach Deutschland? Warum suchten und suchen sie immer neue, teils lebensgefährliche Fluchtwege? Diese zentrale Frage klammert die Kommission in ihrem Vorschlag aus. Sie geht weder den Nöten der Menschen nach, noch öffnet sie legale Wege nach Europa. Das ist der erste Fehler.

Der zweite Fehler besteht darin, dass die EU-Behörde ihr eigenes Versagen ausblendet. Die 2015 eingeführte Flüchtlingsquote kam zu spät und war unzureichend. Die Erfahrung der letzten Monate zeigt, dass eine bürokratische Umverteilung nicht funktioniert. Sie wird weder von den EU-Staaten noch von den Flüchtlingen akzeptiert.

Deshalb gehen die neuen Vorschläge ins Leere. Sie bringen keine echte Reform, sondern wollen das gescheiterte Dublin-System verschlimmbessern – mit neuen Quoten („Fairness-Mechanismus“) und mehr Bürokratie (zentrale EU-Asylagentur). Gleichzeitig will Brüssel die Überwachung verschärfen und „Asyl-Shopping“ erschweren.

Das sieht vielleicht nach mehr Europa aus. Es führt aber zu mehr Gängelung – und weniger Menschlichkeit. Und es lenkt davon ab, dass die EU die Asylpolitik für Syrer gerade an die Türkei ausgelagert hat. Deshalb ist der Vorschlag nicht nur enttäuschend, sondern auch unredlich.

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