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Gedruckte Gedanken

MAGAZINE Der neue „Heft“-Raum im Karolinenviertel möchte einen Ort schaffen, an dem über die Stadt diskutiert wird. Grundlage sind jede Menge Zeitschriften zum Thema

Intelligente Diskussion über die Architektur und das Wesen der Stadt: Magazine im Drahtregal des „Heft“-Raums Foto: Miguel Ferraz

von Hajo Schiff

Dass eine lebendige Stadt mehr ist als ein computerunterstütztes Design, scheinen manche Superarchitekten zu vergessen. In den historische Altbauten simulierenden, ökonomisch durchoptimierten Städten von heute glaubt man kaum, wie viel hochintelligente Diskussion über die Architektur und das Wesen der Stadt es gibt.

Im Hamburger Karoviertel wurde jetzt ein Ort gegründet, an dem solche Überlegungen gedruckt sichtbar werden und ins Gespräch kommen. Der neue „Heft“-Raum ist kein vorübergehendes Bürgerbeteiligungsbüro, sondern ein fester Ort, an dem über die Stadt diskutiert wird. Zugleich ist er auch ein Laden, um Gedanken auf Papier mit nach Hause zu nehmen.

Denn auch die Generation, der jede Form digitaler Kommunikation völlig selbstverständlich ist, glaubt noch an den besonderen Reiz von auf realem Papier gedruckten Argumenten. Sogar in einer längst historischen Technik wie der in den 1970er-Jahren massenhaft benutzten Risografie erscheinen alte Schriften neu: Der Hamburger Verlag Adocs macht in diesem Medium seine „Studienhefte Problemorientiertes Design“ mit Neuauflagen schon klassisch gewordener Texte.

Die Auseinandersetzung mit einem Heft sei jedenfalls intensiver, als sie es bei digitalen Informationen ist, meinen die „Heft“-Raum-GründerInnen Ina Römling und Torben Körschkes – es gibt ja auch Magazine wie 99% urban oder botopress aus Berlin, die es je nach Laune neben der Printversion auch als PDF zum Herunterladen gibt. Ein neues Medium schafft ein altes eben nicht ab.

Ein Buchladen ist der „Heft“-Raum ausdrücklich nicht. Bei Eigenauflagen und thematisch besonders passenden Büchern sind diese sicher nicht verboten und werden speziell im Rahmen einer Veranstaltung auch manchmal dazugenommen. Aber mit einer größeren Linie von Büchern wären die Macher an Verlagsvorgaben gebunden. Magazine und Zines sind einfach freier und niedrigschwelliger.

Zudem werden sie häufig auch zu einzelnen Seminarthemen gemacht. Denn der „Heft“-Raum macht keinen Hehl daraus, ein hochschulnahes Projekt zu sein. Die Kommunikationsdesignerin Römling und der Industriedesigner Körschkes kamen von der Folkwang-Schule in Essen an die Hamburger Hochschule für bildende Künste. Und der „Heft“-Raum befindet sich im Hinterhof der Karolinenstraße 2a, im Gebäude der Gast­ateliers der HfbK, und wird von dieser zu Verfügung gestellt. Vorrangig wird er für Workshops genutzt, wobei die Teilnehmer vor allem aus den drei in weiterem Sinne mit Stadtdesign befassten Hamburger Instituten HfbK, HAW und Hafencity-Universität kommen.

Neben Theorie nähern sich auch Fotobände künstlerisch dem Thema Stadt

So naheliegend dieses Konzept eines spezialisierten Diskussionsladens eigentlich ist, es scheint in dieser Form in Deutschland neu zu sein. Was gibt es nun auf den Drahtregalen des „Heft“-Raums zu finden? Da ist das seit 15 Jahren erscheinende dérive aus Wien, gleichsam der Vater aller stadtthematischen Magazine. Da ist Suburbia aus Irland, ein Heft, das sich ausschließlich mit Themen der Vorstadt befasst. Und da sind kleine und kleinste Auflagen mit speziellen Themen und gut gestaltete Arbeitsergebnisse aus der Bauhaus-Universität Weimar (Horizonte oder THNK TNK) oder die eher essayistische Ausgabe1 aus Leipzig. Auch das 2015 in fünf Tagen auf einem Workshop der internationalen Hamburger Magazin-Messe Indiecon erstellte Heft zum Hamburger Oberhafen-Quartier findet sich.

Aber es gibt nicht nur Theorie. Eine Auswahl der bisher 65 unter dem Label „GRRR“ erschienenen gezeichneten Stadtaufnahmen des Schweizers Ingo Gitzendiener oder selbst publizierte Fotobücher wie die Stadtansichten von Tobias Bärmann schlagen die Brücke zu einer künstlerischen Behandlung des Themas.

Ein breites Sofa unterstützt das Lesen vor Ort und die beiden Gründer bieten auch außerhalb der Veranstaltungen jeden Samstag von 10 bis 16 Uhr das Wichtigste in diesem Raum: das Gespräch.

„Heft“: Sa, 10–16 Uhr, Karolinenstr 2a (Hinterhof)

http://heftraum.de

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