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Tierschützer wollen Hilfe vom Gericht

FREIHEIT Strikt einzuhaltende Skandier-Minuten und bloß keine Trillerpfeifen: Um sich gegen Demo-Auflagen zu wehren, haben TierschützerInnen Klage gegen die Hamburger Polizei eingereicht

Zwei Tierrechtlerinnen liegen am Donnerstagmorgen auf dem Platz vor dem Hamburger Verwaltungsgericht und rühren sich nicht. Ein Megaphon und ein Transparent halten sie noch in den Händen und sie sehen aus, als seien sie während des Protestierens von Aktenordnern und Schildern mit Paragraphen-Zeichen drauf begraben worden. Begleitet von dieser Aktion reichten TierschützerInnen von der Kampagne „LPT schließen“ Klage gegen die Demo-Auflagen der Hamburger Polizei als Versammlungsbehörde ein.

LPT steht für . „Laboratory of Pharmacology and Toxicology“ und bezeichnet aus Sicht der Kampagne ein Tierversuchslabor in Hamburg-Neugraben. Seit inzwischen zwei Jahren demonstrieren TierschützerInnen zwei Mal im Monat vor der Anlage. Sie wollen ein Ende der Tierversuche für die Pharma- und Chemieindustrie erreichen: Experimentiert wird bei LPT an Ratten, Kaninchen, Meerschweinchen und Hunden – vor allem Beagles – sowie Affen. Ihr Protest richtet sich auch gegen die Angestellten des Labors, wodurch die sich zunehmend bedrängt und gestört fühlten.

Die Polizei, bei der die Demonstrationen angemeldet werden müssen, reagierte auf die anhaltenden Proteste mit immer mehr Auflagen. So dürfen die TierschützerInnen nur fünf Minuten je Stunde über ein Megaphon verstärkt Reden halten oder Parolen skandieren. Und diese fünf Skandier-Minuten dürfen nicht ans Ende einer Stunde gelegt werden, damit diese nicht mit den fünf Minuten der nächsten Stunde einen Block von zehn Minuten ergeben. Das Benutzen von Trillerpfeifen oder Rasseln ist ebenso untersagt, wie etwa die Aussagen „Tiermörder“ oder „Mörderpack“ verboten sind.

„Wir sollen brav und stumm vor dem Labor stehen“, sagt die Sprecherin der Kampagne „LPT-Schließen“, Martina Kunze. „Aber wir wollen uns ja gerade Gehör verschaffen, damit die Tiere endlich ihre Rechte bekommen.“ Das Rufen von politischen Forderungen sei da doch ein wesentliches Element der Versammlungs- und Meinungsfreiheit, sagt Kunze.

„Die Auflagen sind völlig absurd“, sagt die Verwaltungsrechtsexpertin und Hamburger Verfassungsrichterin, Cornelia Ganten-Lange, die die Klage der TierschützerInnen verfasst hat. „Die Möglichkeiten der Meinungsfreiheit wird den Versammlungsteilnehmern verwehrt.“ Das verstoße gegen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.

Die Polizei wollte sich auf Anfrage der taz nicht zu den erlassenen Auflagen oder zur Klage äußern. „Wir kennen die Klage noch nicht und müssen erst mal den Eingang abwarten“, sagt Hamburgs Polizeisprecher Jörg Schröder. Kai von Appen

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