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Prüfung der EZB-Einkaufspolitik

EURORETTUNG Das Bundesverfassungsgericht verhandelt erneut über die Ankündigung der Europäischen Zentralbank, den Euro zu retten „koste es, was es wolle“

von Christian Rath

KARLSRUHEtaz| Eigentlich wollten die Kläger der Europäischen Zentralbank und der Bundesregierung eine „blutige Nase“ verpassen. Doch dann hatte erst mal der federführende Verfassungsrichter Peter Huber so heftiges Nasenbluten, dass die Verhandlung im EZB-Verfahren erst mit 90 Minuten Verspätung begann.

Zum zweiten Mal verhandelte das Bundesverfassungsgericht an diesem Dienstag über die Ankündigung der EZB, den Euro durch Anleihekäufe zu retten, „koste es, was es wolle“. Das war im September 2012. Das Programm nannte sich „outright monetary transactions“ (OMT). Schon die Ankündigung führte dazu, dass die Zinszuschläge deutlich zurückgingen. Stark verschuldete Staaten wie Italien und Spanien konnten sich wieder zu akzeptablen Bedingungen am Kapitalmarkt Geld leihen, die Spekulanten hatten verloren, der Euro war gerettet.

Seitdem schwelt aber der Streit, ob die EZB ihre Kompetenzen überschritten hat, als sie ankündigte, Staatsanleihen in unbegrenzter Höhe anzukaufen. Mehrere Gruppen erhoben Verfassungsbeschwerde oder Organklage: der Ex-CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler, der Verein „Mehr Demokratie“ mit 37.000 Unterstützern, der Ex-AfD- und jetzige Alfa-Europa-Abgeordnete Joachim Starbatty und weitere Professoren sowie die Linksfraktion im Bundestag. Die meisten Kläger haben eine neoliberale Agenda und wollen Staatsfinanzierung durch die EZB verhindern. Nur der Linke Gregor Gysi kritisierte, dass die Staaten sich als Voraussetzung für die Hilfe zum Sparen verpflichten müssten. „Diese Austeritätspolitik ist gescheitert“, sagte Gysi in Karlsruhe.

Anfang 2014 hatten die Kläger einen ersten Erfolg erzielt. Das Bundesverfassungsgericht erklärte im Februar 2014, das Ankaufprogramm sei wohl eine „offensichtliche Kompetenzüberschreitung“ der EZB, weil sie nicht für Wirtschaftspolitik zuständig sei und auch nicht ­unmittelbar Anleihen der EU-Staaten kaufen darf. Da für die Auslegung des EU-Rechts aber der Europäische Gerichtshof (EuGH) zuständig ist, legte Karlsruhe diesem die Rechtsfrage vor.

Im Juni 2015 entschied der EuGH, dass die EZB damals ihre Kompetenzen nicht überschritten hat. Das Ziel der EZB sei „währungspolitisch“ gewesen. Die überhöhten Zinsen hätten verhindert, dass die EZB mit Zins­impulsen geldpolitisch steuern kann. Die EZB durfte daher versuchen, die Zinsen zu drücken. Dass dies gleichzeitig die Stabilität des Euro erhöhte, mache das Programm aber nicht zu einer wirtschaftspolitischen Maßnahme, so der EuGH.

Und nun war wieder Karlsruhe am Zug. „Das ist jetzt das Endspiel“, sagte Dietrich Murswiek, der Rechtsvertreter Gauweilers.

Bundestag und Bundesregierung hatten das EZB-Programm unterstützt und lobten jetzt das „sorgsam begründete“ EuGH-Urteil. Damit hätten sich die Klagen faktisch erledigt. Dagegen forderte Klägervertreter Murswiek, Karlsruhe solle nicht nur das EZB-Programm, sondern auch das EuGH-Urteil für rechtswidrig erklären. Beide EU-Organe hätten jenseits ihrer Kompetenz gehandelt.

Karlsruher Beobachter gehen davon aus, dass die Verfassungsrichter diesmal nicht den großen Konflikt mit dem EuGH suchen werden. Zwar halten sie das EuGH-Urteil nicht für überzeugend, aber auch nicht für völlig inakzeptabel, da zumindest eine rechtliche Kontrolle der unabhängigen EZB anerkannt wurde. Das Urteil wird in einigen Monaten erwartet.

Seit Anfang 2015 kauft die EZB allerdings Staatsanleihen unter dem neuen Programm „Quantitative Easing“. Bis zu 60 Milliarden Euro will sie monatlich ausgeben, um eine Deflation zu verhindern. Kritiker wie Gauweiler und Starbatty sehen auch darin eine neue verschleierte Staatsfinanzierung. In Karlsruhe liegen schon mehrere Verfassungsbeschwerden vor.

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