: Bestmögliche Kontrolle
URTEIL Laut Berliner Verfassungsgerichtshof dürfen sich Parlamentarier von Sachverständigen bei der Einsicht in amtliche Unterlagen helfen lassen
Mitglieder des Abgeordnetenhauses dürfen sich von sachverständigen Helfern unterstützen lassen, wenn sie Einsicht in Verwaltungsakten nehmen. Das hat der Verfassungsgerichtshof (VerfGH) des Landes Berlin im Februar entschieden. Es handele sich bei der Einsicht zwar um ein „höchstpersönliches“ Recht. Dies schließe jedoch nicht aus, Hilfskräfte hinzuzuziehen. Parlamentarier müssten ihre Kontrolltätigkeit schließlich „bestmöglich“ ausüben können (Urt. v. 10. 2. 2016, Az. 31/15). Damit stärkte das Gericht die Rechte der Mitglieder des Abgeordnetenhauses aus Artikel 45 der Verfassung von Berlin.
Es war Christopher Lauer, der inzwischen ehemalige Vorsitzende der Piratenpartei Berlin, der das Verfahren angestrengt hatte, weil er Einsicht in polizeiliche Akten über kriminalitätsbelastete Orte in Berlin nehmen wollte, wobei ihn eine juristisch ausgebildete Mitarbeiterin unterstützen sollte. Letzteres verweigerte ihm aber der Innensenator, da es sich beim Akteneinsichtsrecht eben um ein höchstpersönliches Recht handele, so seine Begründung. Bei der mündlichen Verhandlung im Dezember berief sich die Innenverwaltung darauf, dass es ein „Schreckensszenario“ sei, wenn bei der Verwaltung künftig Parlamentarier „mit Horden von Mitarbeitern“ anrücken dürften. „Wenn Herr Lauer Akten nicht versteht, dann hat er Pech“, hieß es damals.
Doch die Richter stellten nun klar, dass das in der Landesverfassung verbriefte Recht für Parlamentarier auf Einsicht in amtliche Unterlagen eine „herausragende Befugnisnorm“ zur Durchsetzung von Informationsrechten sei. Nur so könnten sie die parlamentarische Kontrolle der Regierung möglichst wirksam ausüben.
Christoph Lauer bewertete die Entscheidung des Gerichts positiv, weil sie dem Umstand Rechnung trage, „dass Parlamentarier in einer immer komplexer werdenden Welt unmöglich alles wissen können und im Tagesgeschäft auf die sachkundige Hilfe von Mitarbeitenden angewiesen sind“. Einziger Wermutstropfen sei, so Lauer, dass ihn die „verfassungswidrige Blockadehaltung“ des CDU-Innensenators Frank Henkel zwei Jahre seiner Kontrollmöglichkeit „beraubt“ habe. Lauer spricht angesichts von Henkels Verhalten von „gravierenden Zweifeln“ an seiner Eignung als Senator. OS
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