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Experten für strengere Düngeregeln

LANDWIRTSCHAFT Berater der Bundesregierung kritisieren Rechentricks für Bauern

Zum Glück geruchlos: Bild einer Gülledüngung in Thüringen Foto: imago

BERLIN taz | Gleich drei Beratergremien der Bundesregierung fordern schärfere Regeln für die umweltschädliche Überdüngung als von der Großen Koalition geplant. In einem offenen Brief kritisieren der Sachverständigenrat für Umweltfragen, der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik und der für Düngefragen den Entwurf der neuen Düngeverordnung. Sie erlaubt Milchviehbetrieben, 15 bis 25 Prozent weniger Stickstoff und Phosphat in ihre Nährstoffbilanzen einzurechnen, als sie tatsächlich auf ihren Äckern und Wiesen ausbringen. Damit will die Regierung berücksichtigen, dass etwa bei der Ernte und Lagerung ein Teil des nährstoffhaltigen Maises oder Heus verloren geht. Ohne eine solche Vorschrift würden viele Betriebe nachweislich mehr als die erlaubten 60 Kilogramm Stickstoff pro Hektar und Jahr in die Umwelt abgeben.

Überdüngung ist der Hauptgrund dafür, dass viele Grundwasservorkommen mit der Stickstoffverbindung Nitrat belastet sind, die sich im menschlichen Körper teils in giftiges Nitrit umwandelt. 2010 lagen laut Umweltbundesamt 14 Prozent der Grundwasser-Messstellen über dem Trinkwasser-Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter. Zudem trägt Stickstoff im Meer zu starkem Wachstum von Algen bei, das raubt anderen Arten den Sauerstoff zum Leben. Düngen schädigt auch das Klima, weil Lachgas frei wird – ein 300-mal aggressiveres Treibhausgas als Kohlendioxid. Dennoch bringen die Landwirte im Schnitt je Hektar und Jahr etwa 100 Kilogramm mehr Stickstoff aus, als die Pflanzen aufnehmen können.

Deshalb begrüßen die Regierungsberater, dass die geplante Verordnung künftig die Düngung mit Gärresten aus Biogasanlagen begrenzen würde. Weiterhin loben die Experten den Plan, die Zeiträume zu verlängern, in denen die Bauern nicht düngen dürfen. Anklang findet ebenso, dass die Obergrenze von 60 Kilogramm Stickstoffüberschuss anders als bisher auch durchgesetzt werden soll. Bei Verstößen muss der Bauer zunächst zur Zwangsberatung, wenn das nicht hilft, drohen Bußgelder. Doch gerade diese Regelung würde verwässert, wenn die von der Regierung angestrebte Methode zur Berechnung der Nährstoffbilanzen angewandt würde, so die Wissenschaftler.

Die 15 bis 25 Prozent Bonus für Nährstoffverluste seien „unangemessen hoch“, schreiben sie. Einer der Berater, der Kieler Agrarprofessor Friedhelm Taube, hält allenfalls 10 Prozent für akzeptabel. Außerdem kritisieren die Wissenschaftler, dass Bauern bis zu zehn Jahre Zeit haben sollen, auf emissionsarme Ausbringungstechnik umzustellen.

„Zu großzügig“ sei auch die Vierstundenfrist, um Gülle ins Erdreich einzuarbeiten. Betrüge sie nur eine Stunde, würde viel weniger Ammoniak frei, das indirekt den Klimawandel fördert. Auch für Phosphat fordern die Wissenschaftler strengere Regeln.

Bei Verstößen muss der Bauer zunächst zur Zwangsberatung

Bundesagrarminister Christian Schmidt verteidigt den Regierungsentwurf. Die geplante Verordnung stelle einen „angemessenen Ausgleich zwischen Umweltinteressen einerseits sowie interessengerechten und praktikablen Lösungen für die Landwirtschaft andererseits sicher“, heißt es aus dem Ministerium. „Die Änderungen dürfen die Landwirtschaft und vor allem die kleineren Betriebe nicht mit überzogenen Forderungen belasten.“ Jost Maurin

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