: Britischer Löwe macht Krach
EU-Gipfel Cameron berät in Brüssel über Sonderwünsche bei Sozialleistungen und Finanzen. Ein Brexit soll vermieden werden
Vor allem Camerons Forderung, die in seinem Land gezahlten Sozialleistungen für EU-Arbeitnehmer mit einer „Notbremse“ zu beschneiden, stößt auf Widerstand. Polen und andere Osteuropäer sehen darin eine Diskriminierung ihrer Bürger, die zu Zehntausenden auf den britischen Insel arbeiten.
Streit gibt es auch über den Euro. Der konservative Regierungschef möchte sich eine Art Vetorecht beim Umgang mit den Banken in der EU sichern, damit der Finanzplatz London nicht benachteiligt wird. Frankreich ist dagegen. Beim Euro gebe es für Paris „rote Linien“, warnt Präsident François Hollande.
Ein bisschen Krach käme Cameron durchaus gelegen, um seinen Landsleuten zu beweisen, dass er wie ein Löwe gekämpft hat. „Ich werde keinen Deal akzeptieren, der nicht erfüllt, was wir brauchen“, sagte er bei seiner Ankunft in Brüssel.
Scheitern dürfen die Verhandlungen aber nicht. Dann wäre die EU blamiert, der „Brexit“ kaum noch zu verhindern. „Das ist ein Gipfel des ‚Alles oder nichts‘“, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk am Donnerstag vor den Beratungen. Sollte Großbritannien aus der EU austreten, dann könnten andere Länder folgen. Hat Cameron hingegen Erfolg und setzt neue Extrawürste durch, könnten sich andere daran ein Beispiel nehmen. Die Führerin des französischen Front National, Marine Le Pen, hat bereits angekündigt, ihm nachzueifern. Darüber spricht man in Brüssel nicht so gern. Kein großes Thema wird diesmal auch die Flüchtlingskrise. Nachdem ein Treffen der „Koalition der Willigen“ um Kanzlerin Angela Merkel ausgefallen ist – der türkische Ministerpräsident Ahmed Davutoğlu sagte nach dem Terroranschlag von Ankara ab –, waren keine neuen Beschlüsse geplant.
Der Entwurf der Gipfel-Erklärung sieht Entscheidungen erst beim nächsten EU-Gipfel Mitte März vor. Dann könnte es allerdings schon zu spät sein. Denn die Türkei macht bisher kaum Anstalten, die Flüchtlinge, die nach Europa weiterwollen, daran zu hindern, wie die EU-Chefs kritisieren. Eric Bonse
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen