Flüchtlingsstreit in der Koalition: Es geht immer noch schlimmer

Die SPD sieht in dem Vorstoß der CSU eine Drohung mit dem Koalitionsbruch. CDU und SPD wollen den Familiennachzug für Syrer verschärfen.

Auf einem Sitz aus Stahlgitter liegt ein handgemaltes Schild mit den Worten „Welcome“, „Peace“, daneben sind Sonne und Wolken gemalt

Während die einen die Willkommenskultur pflegen, werden für andere die Grenzen geschlossen. Foto: dpa

BERLIN dpa | Vor dem Krisentreffen der Parteichefs von CDU, CSU und SPD am Donnerstag liegt ein Kompromissvorschlag für das seit Wochen umstrittene Asylpaket II auf dem Tisch. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sieht ein Vorstoß von CDU-Chefin Angela Merkel und SPD-Chef Sigmar Gabriel vor, dass der Familiennachzug für mehr Flüchtlinge als bislang geplant begrenzt werden soll.

Die verschärfte Regelung könnte auf etwa ein Fünftel aller syrischen Flüchtlinge ausgeweitet werden, die bisher nach Deutschland gekommen sind. CSU-Chef Horst Seehofer hat sich bis zum Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel und SPD-Parteichef Sigmar Gabriel Bedenkzeit ausgebeten, ob er den Kompromiss mitträgt.

Als Konsequenz aus den Silvester-Übergriffen von Köln will die Bundesregierung die Ausweisung von kriminellen Ausländern erleichtern. Das Bundeskabinett plant dazu, an diesem Mittwoch eine Gesetzesänderung auf den Weg zu bringen.

Der Streit um Merkels Flüchtlingspolitik war zuletzt immer mehr zur Belastung für die große Koalition geworden. Seehofer machte am Dienstag seine Ankündigung wahr und verlangte als bayerischer Ministerpräsident in einem Brief eine Kehrtwende. Er will die gemeinsame Bundesregierung notfalls vor dem Verfassungsgericht verklagen. Die SPD wertet dies als Drohung mit Koalitionsbruch. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) rief das schwarz-rote Bündnis eindringlich zur Gemeinsamkeit auf.

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann sagte im ARD-„Nachtmagazin": “Wir wollen weder die Koalition platzen lassen, noch sind wir auf eine Klage scharf.“ Die CSU wolle erreichen, „dass Entscheidungen in Berlin vorangebracht werden, die unserem Land nutzen“.

Weitere „sichere Herkunftsländer“

Zur Lösung des Streits will die Koalition ihre November-Einigung nun überarbeiten. Der Kompromissvorschlag sieht vor, dass der Nachzug nicht mehr nur für etwa 1.800 Flüchtlinge begrenzt wird. Nun soll dies auch auf syrische Flüchtlinge dieser Schutzkategorie (subsidiärer Schutz) ausgeweitet werden. Das sind um die 20 Prozent aller syrischen Flüchtlinge, die bisher nach Deutschland gekommen sind.

Der Nachzug soll nun aber für nur ein Jahr ausgesetzt werden – das ist Seehofer aber nicht genug. Zudem soll es eine Sonderregelung geben, damit Syrer Frauen und Kinder nachholen können, die derzeit in Lagern in Jordanien und im Libanon leben.

Im Januar sind nach einem Medienbericht zum ersten Mal seit Beginn der Flüchtlingskrise mehr Frauen und Kinder als Männer in Griechenland angekommen. Das geht aus einem Lagebericht der Bundespolizei hervor, der den Zeitungen der Funke Mediengruppe vorliegt. Demnach sind 55 Prozent der im Januar nach Griechenland in die EU eingereisten Migranten Frauen und Minderjährige gewesen. Im Juni 2015 habe ihr Anteil noch bei 27 Prozent gelegen. Der Hauptgrund für die Entwicklung liege laut UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR im Familiennachzug. Die Bundespolizei nehme in ihrem Bericht auf Zahlen des UNHCR Bezug.

Die SPD signalisierte Bereitschaft, die nordafrikanischen Staaten ebenfalls als sichere Herkunftsländer einzustufen, um die Abschiebung krimineller Migranten aus diesen Ländern zu erleichtern. Nach dem Treffen der Parteichefs im Kanzleramt empfängt Merkel am Donnerstagabend die Ministerpräsidenten zu Gesprächen.

Vor dem Bund-Länder-Treffen fordern die Kommunen mehr Unterstützung bei der Unterbringung von Flüchtlingen. „Die Städte möchten erreichen, dass der Bund die zusätzlichen Unterkunftskosten im Hartz-IV-System voll übernimmt, die durch den Flüchtlingszuzug entstehen“, sagte Eva Lohse, Präsidentin des Deutschen Städtetages, der Zeitung Die Welt. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund unterstützte die Forderung.

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