Gern bunt und gern mit Totenköpfen

Ausstellung Berlin hätte ein Skateboard-Museum bekommen sollen. Daraus wird erst mal nichts. Aber die Mitte-Galerie FauxAmi PopUp widmet sich jetzt dem Look und der nonkonformen Strahlkraft des Boards

Das Herz der Schau ist eine Rampe. Muss ja, schließlich geht es ums Skaten Foto: FauxAmi PopUp Gallery

von Andreas Hartmann

Vor drei Jahren war es fast so weit: Berlin stand kurz davor, ein Skateboard-Museum zu bekommen. Das einzige seiner Art in Europa. Berliner Medien berichteten bereits über den Umzug des Museums aus Stuttgart, dessen neue Heimstätte das Stadtbad Wedding sein sollte. Am Ende wurde nichts draus und das Stadtbad Wedding ist inzwischen dicht.

Es sei nicht leicht, für seine Idee einen passenden Ort zu finden, sagt Jürgen Blümlein, der Kopf hinter dem Projekt, selbst ehemals ein erfolgreicher Skater, aber auch „aus der Kunstecke“, wie er sagt. Einmal habe er in Berlin bei einer Ausschreibung den zweiten Platz für sein Skateboardmuseum ­gewonnen, sagt er. Doch am Ende war es eben nicht der erste Platz, und somit bleibt das Berliner Skateboardmuseum bis auf Weiteres ein eher virtuelles Museum.

Ein wenig wirbt Blümlein mit seiner kleinen Ausstellung „The Art of Skateboarding“ in der FauxAmi PopUp Gallery in Mitte also auch für seinen großen Traum: das eigene Museum. Skateboarding hat nicht nur eine eigene Jugendkultur hervorgebracht, nicht nur Musik beeinflusst und einen eigenen Skater-Look hervorgebracht – sondern es gibt auch Skater-Kunst. Hier steht das Skateboard selbst wie ein Fetisch im Vordergrund.

Gleich wenn man die Ausstellung betritt, wird man von einem von „Simpsons“-Schöpfer Matt Groening handsignierten Board empfangen. Von Julius Dittman ist eine Skateboard­skulptur zu sehen, einen Skater, zusammengesetzt aus vielen Boards; man sieht ein Skateboard in Penisform oder aneinandergereihte Boards, die wie eine Leinwand bemalt wurden.

Natürlich liegt es nahe, das Board selbst künstlerisch zu thematisieren. Einmal weil die Unterseite von Skateboards schon seit Jahrzehnten bemalt wird und sich dabei durchaus eine bestimmte Skateboard-Kunst herausgebildet hat: gern bunt und gern etwas mit Totenschädeln. Das Skateboarding, wie wir es heute kennen, wurde im Kalifornien der Sechziger entwickelt. Kunsthistoriker haben bestimmt längst untersucht, welche Ähnlichkeiten es zwischen der Coverkunst der zu dieser Zeit populären Westcoast-Hippies Grateful Dead mit ihren vielen Skeletten und bis heute gängigen Skateboard-Malereien gibt.

Das Skateboard bietet sich aber auch einfach gut als Metapher an. Es steht für Nonkonformität, für die Eroberung des urbanen Raums und die Missachtung von Regeln. Nicht umsonst lässt Matt Groening den ewigen Querulanten Bart Simpson Skateboard fahren; und in den Filmen von Larry Clark sind es meist Skateboardgangs, die die öffentliche Ordnung und die soziale Segregation der Stadt durcheinanderbringen.

Auch in den Filmen und Fotos, die in „The Art of Skateboarding“ zu sehen sind, wird immer wieder der rebellische Geist des Skatens beschworen. In einem Foto aus den späten Achtzigern etwa wird ein Skateboard gegen die Berliner Mauer geworfen, offenbar als Geste zur Einforderung individueller Freiheit. Oder man sieht Skater, die an Orten ihrer Leidenschaft nachgehen, an denen sie von Ordnungshütern nicht gerne gesehen werden. „DIY-Skating“ sei das, erklärt Jürgen Blümlein, der darin auch so etwas wie praktizierte Gentrifizierungskritik sieht.

Das Skateboardsteht für die Eroberung des urbanen Raums

Skateboarden ist natürlich mehr als nur ein Hobby. Skateboarden ist für viele das Leben selbst. Und dass dieses dramatische Wendungen nehmen kann oder in gewisser Weise schneller vorbei sein kann, als man denkt, erkennt man auch in dem Gemälde von Nicolas Thomas, auf dem ein Geschäftsmann zu sehen ist (ganz offensichtlich ein ehemaliger Skater), der gerade sein Board begräbt, weil nun der Ernst des Lebens beginnt. Dabei sieht er aber so gar nicht glücklich aus.

Wie dieser Typ wird Jürgen Blümlein bestimmt nicht werden, wenn er denn endlich seine Leidenschaft in einem ehrwürdigen Museum präsentieren darf; da muss man sich keine Sorgen machen.

So wie bei „The Art of Skateboarding“ das wahre Herz der Ausstellung eine Rampe ist, die von den Ausstellungsbesuchern auch fleißig mit selbst mitgebrachten Boards befahren wird, dürfte auch sein Museum eines sein, in das man unbedingt sein eigenes Skateboard mitbringen sollte.

The Art of Skateboarding, FauxAmi PopUp Gallery, Leipziger Str. 63, bis 31. Januar