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Hacker & Co wollen den Blick weiten

Internet Jahresendtreffen des Chaos Computer Clubs in Hamburg: Diesmal geht es nicht nur um technische und politische Fragen des Datensammelns und -schutzes. Gefragt wird auch nach sozialer Verantwortung

Aus Hamburg Lalon Sander

„Wir müssen arme Menschen nicht als gefährdet, sondern als fähig ansehen“, steht auf Miguel Chaves’ erster Folie. Der Brasilianer erzählt, wie er mit Kollegen in einer Favela-Garage in São Paulo einen „Maker Space“ eröffnete: eine offene Werkstatt, in der die Bewohner der Siedlung Werkzeug benutzen oder ausleihen können oder sich in Workshops weiterbilden. Ausgestattet wurde der Raum nach den Wünschen der Anwohner.“Wären wir hergekommen und hätten einfach mal mit 3-D-Drucken angefangen, wäre das wohl ziemlich schiefgegangen“, sagt Chaves. Stattdessen gibt es jetzt Nähkurse, ein freies Radio und Taschenlampen, die aus Flaschenhälsen gebaut werden.

Wie viele Teilnehmer des Chaos Communication Congresses in Hamburg, der am 27. Dezember begonnen hat und am heutigen Mittwoch endet, beschäftigt sich auch Chaves mit der Frage, wie Menschen vom Zugang zur Technik ausgeschlossen werden – und so auch von der Teilhabe an der Gesellschaft. Das Jahrestreffen des Chaos Computer Clubs (CCC) steht unter dem Oberthema „Gated Communities“, was etwa als „Gemeinschaften, die sich abschotten“ übersetzt werden kann und durchaus auch selbstkritisch gemeint ist.

„Wir Hacker haben da manchmal einen etwas verengten Blick“, sagte Sprecher Linus Neumann bei der Eröffnung und präsentierte einen Überraschungsgast: die somalische Menschenrechtlerin Fatuma Musa Afrah. Eine schwarze Rednerin mit Kopftuch vor einem überwiegend weißen, männlichen Publikum illustrierte eindrücklich, dass auch die Tore der Hackercommunity nicht ganz so offen sind.

Für die Besucher gab es Vorträge aus dem Repertoire der Community: Dazu gehörte die Abschaffung der Netzneutralität, die zur Folge hätte, dass Großkonzerne schneller ihre Daten verschicken könnten als ein Normalnutzer, ebenso wie die Vorratsdatenspeicherung und Zensur.

„Wir Hacker haben da manchmal einen etwas ­verengten Blick“

Linus Neumann, CCC-Sprecher

Das diesjährige Motto sollte aber auch hervorheben, dass Hacker sozial denken. „Gebt uns mehr Internet in den Heimen“, sagt Fatuma Musa Afrah. Hacker bemühen sich vielerorts, Flüchtlingsunterkünfte zu vernetzen (siehe unten).

Dass der deutsche Argwohn gegen staatliches Datensammeln auch Nachteile haben kann, berichtete der ­So­zialwissenschaftler Jeff Deutch: So sei „Racial Profiling“ – also die Tatsache, dass nichtweiße Menschen häufiger von der Polizei kontrolliert werden – in Deutschland viel schwerer nachzuweisen als in Großbritannien. Grund: Anders als in Großbritannien werden keine Daten über die ethnische Herkunft der Kontrollierten erhoben. Dass es keine Kategorie für „Rasse“ gebe, „heißt nicht, dass es keinen Rassismus gibt“, sagte Deutch. „Aber in Deutschland haben wir keine Möglichkeit, Trends zu erforschen.“

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