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Weltenretter unter sich

HACKER-KLAUSUR

Zu Zeiten des Hacker-Kongresses ist das Hamburger Congress Center zweifellos ertragbarer anzusehen. Lichtinstallationen verwandeln das klobige graue Gebäude in eine funkelnde, etwas geheimnisvolle Kulisse, die zusammen mit der Rakete des Chaos Computer Clubs CCC vor den Türen ein bisschen Science-Fiction verspricht. Drinnen ist es alltäglicher: Ordner in orangefarbenen Westen kontrollieren den Eintritt, Essens- und Getränkestände verkaufen überteuerte Waren an ein Publikum, das kaum Alternativen hat, und es wimmelt nur so von Leuten, die wenig Sci-Fi-Glamour verstrahlen, eher Müdigkeit.

Drinnen ist die perfekte Vergnügungswelt für Computerliebhaber aufgebaut. Korridore sind mit Tischen ausgebaut, auf denen sich Hackergruppen zusammensetzen und bei wenig Oberlicht von ihren Monitoren anstrahlen lassen. Viele von ihnen sind nur deshalb da und sparen sich die politischen Reden und technischen Vorstellungen in den großen Hallen. Sitzecken aus tetrisförmigen Möbeln, mit Beamern projizierte Kunstinstallationen, ein Pongspiel, das von zwei Mikrofonen gesteuert wird, im ersten Stockwerk stehen reihenweise 3-D-Drucker, die unermüdlich kleine Figuren produzieren – der Kongress hat eine eigene, sehr spezielle Atmosphäre.

Die Hallen für das offizielle Programm sind dennoch gut gefüllt. Dort verhandeln Hacker über die aktuellen Probleme der Technik, die dank der weitgehenden Durchdringung des Internets sehr große Auswirkungen haben können. Der Datenschutz-Aktivist Max Schrems erzählt, wie er das Grundrecht auf Privatsphäre gegen Facebook durchgesetzt hat, andere diskutieren, wie Algorithmen über Verdacht, Verhaftung und auch Tod entscheiden können. In mehreren Veranstaltungen wird versucht, die Probleme der Zukunft vorauszusagen, oft ist der Tenor: Die Dystopie ist schon gegenwärtig, es kann nur schlimmer werden – es sei denn, Hacker, also das Publikum, wenden alles noch zum Guten.

Die Welt auf dem CCC-Kongress ist eine abgeschlossene: Entfernt man sich vom Congress Center auch nur wenige hundert Meter, ist sie unter den vielen Einkäufern auf der Es­planade kaum noch bemerkbar – nur die etwas prominenter ausgestellten Mategetränke in Kiosken weisen darauf hin, dass hier ein besonderes Publikum unterwegs sein könnte. Am letzten Tag verwandelt sich das Center dann auch wieder in seine normale Gestalt. Die Lichtinstallationen werden abgebaut, ebenso die Sitzecken, das Internet im Kongress scheint etwas langsamer zu werden. Eine Party noch, dann kehren alle wieder zurück, um mit Computern die Welt zu retten. LRS

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