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Anja Krüger über Ferkeleien mit der SteuerBetrug von oben

Gefühlt ist es ein krasser Fall von Steuerbetrug, auch wenn das juristisch noch nicht geklärt ist: Konzerne und Multimillionäre haben Finanzämtern in großem Stil Bescheinigungen für entrichtete Kapitalertragsteuer vorgelegt, obwohl sie gar nichts gezahlt haben. Möglich war das, weil Banken für sie sogenannte Leerverkäufe von Aktien in der Zeit der Dividendenausschüttung organisierten. Durch die Scheinkäufe hatten die Aktien zeitgleich mehrere Besitzer, von denen nur einer die Steuer zahlte, aber alle die Bescheinigung nutzen konnten. So senkten Großunternehmen und Superreiche zwischen 1999 und 2012 ihre Steuerschuld – schätzungsweise um 12 Milliarden Euro.

Ob die unter dem Begriff „Cum-Ex“-Geschäfte bekannt gewordene Affäre aufgrund einer Gesetzeslücke legal oder Betrug war, müssen Richter noch entscheiden. Aber: Dass sich Reiche und Unternehmen so um Abgaben drücken können, bringt den gemeinen Steuerzahler zu Recht in Rage. Und dass die Bundesregierung nichts dagegen unternimmt, ebenfalls. Ähnliche Modelle gibt es immer noch – unter den Augen der Finanzbehörden.

Dank der Grünen und der Linkspartei will der Bundestag an diesem Freitag einen Untersuchungsausschuss einrichten, der prüfen soll, wieso Behörden, Bankenaufsicht und Finanzministerien dieser Form der Steuerhinterziehung tatenlos zusahen. Bereits Anfang des Jahres hatten Grüne und Linkspartei die Einsetzung eines Sonderermittlers im Bundestag beantragt – und scheiterten an SPD und Union. Den Untersuchungsausschuss kann die Regierung nicht verhindern.

Die Große Koalition ist nicht daran interessiert, Steuerschlupflöcher zu schließen und Betrug zu verhindern. Sie pflegt lieber die Steuer­oase Deutschland. Das ist nichts anderes als Umverteilung von unten nach oben. Wer wenig hat, hat keine Chance, den Fiskus zu hintergehen, finanziert aber mit den Konsumsteuern die Reichen. Das ist eine gerade für Sozialdemokraten unwürdige Politik.

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