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Wiederbelebung einer Untoten

VERKEHR 2 Der Vorschlag eines Rad-Highways an der S1 bekommt Konkurrenz von der alten Stammbahn

Auch die Idee eines Rad-Highways entlang der S1 zwischen Gleisdreieck-Park und Zehlendorf kommt bei vielen Radfahrern gut an. Jetzt erhält sie Konkurrenz von der Forderung der Bahnlobby, die sogenannte Stammbahn nach Potsdam zu reaktivieren. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat angekündigt, eine Wirtschaftlichkeitsrechnung in Auftrag zu geben. Es soll erneut geprüft werden, ob sich eine Inbetriebnahme lohnen könnte. Laut der letzten Studie im Jahr 2008 war das nicht der Fall.

Mit dem „Fahrrad-Highway“ auf den nicht genutzten Schienen der Stammbahn-Trasse, auf der die S1 bis Zehlendorf fährt, war der Architekt und Stadtplaner Tim Lehmann vergangenen Sommer an die Öffentlichkeit gegangen. Unterstützung bekam seine Vision nicht nur von den Grünen, sondern auch von der CDU Steglitz-Zehlendorf. Lehmann zufolge würde es sich um eine Zwischennutzung handeln, die die Trasse zugleich konserviert.

Proteste kamen bald von der Zehlendorfer „Bürgerinitiative Stammbahn“, aber auch vom Berliner Fahrgastverband Igeb. Dessen Sprecher, Jens Wieseke, sagte am Montag zur taz, die vom Senat angekündigte Prüfung sei eine „völlig richtige Entscheidung“. In 20 oder 25 Jahren brauche man die Stammbahn, um die wachsende Bevölkerung im Berliner Südwesten und in Potsdam mit der Regionalbahn anzubinden. „Der Aufwand für eine Zwischennutzung wäre wesentlich größer, als viele sich das vorstellen, so Wieseke. „Da kann man nicht einfach den Betonmischer holen.“

Ideengeber Tim Lehmann bleibt erst mal gelassen: „Die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsrechnung werden heute nicht viel anders sein.“ Er begrüße den Schritt des Senats, so Lehmann, weil er eine überfällige Klärung der Situation herbeiführe. Er gehe auch nicht davon aus, dass man in der Verwaltung die Stammbahn reaktivieren wolle, dazu sei das Projekt mit mehreren hundert Millionen Euro viel zu teuer.

Lehmann sieht die Aktivität in Sachen Stammbahn als Zugeständnis an die „Bahnromantiker“, beklagt aber auch eine allgemeine „Inspirationslosigkeit“ der Verwaltung in Sachen Radverkehr: „Die Richtungsentscheidung ist noch nicht gefallen, ob wir eine autogerechte oder eine menschengerechte Stadt wollen.“ Claudius Prößer

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