Der Spion Pollard kommt nach 30 Jahren Haft frei

ISRAEL Der Fall des amerikanischen Juden hat drei Jahrzehnte das gegenseitige Verhältnis belastet

Die lebenslängliche Haft galt in den USA als ein sehr hartes Urteil

JERUSALEM taz | Am kommenden Freitag soll Jonathan Pollard aus dem Gefängnis entlassen werden. 30 Jahre saß der amerikanische Jude, der auf eigene Initiative Israel geheime Informationen zukommen ließ, hinter Gittern. Den Rest seiner lebenslangen Haft soll er nun auf Bewährung ableisten.

Dem Wunsch von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, Pollard nach Israel ausreisen zu lassen, ist US-Präsident Barack Obama zunächst nicht nachgekommen. Verurteilte, die auf Bewährung entlassen werden, benötigen laut Gesetz für Auslandsreisen fünf Jahre lang die Erlaubnis der Behörden.

Mit den jüngsten Gesprächen zwischen Netanjahu und Obama im Weißen Haus hat Pollards Entlassung nichts zu tun. Der mögliche Termin des 21. November kursierte seit Monaten in den Medien. Da der 30. Jahrestag seiner Festnahme auf einen Samstag fällt, kommt Pollard schon einen Tag früher frei.

Mit der Entlassung Pollards wird ein Kapitel beendet, das die Beziehungen zwischen Washington und Jerusalem über drei Jahrzehnte belastete. Immer wieder stand der Name des Spions auf die Agenda von Friedensverhandlungen als Pfand für eventuelle israelische Zugeständnisse gegenüber den Palästinensern. Bis zum Schluss blieben die US-amerikanischen Behörden hart und lehnten eine vorzeitige Begnadigung des seit Jahren gesundheitlich sehr mitgenommenen Häftlings ab.

Pollard hatte als Geheimdienstanalyst der US-Marine ab 1983 sensible und vertrauliche Informationen an Israel weitergegeben, darunter über Techniken zur Radarstörung und andere technologische Fähigkeiten, mit denen sich offenbar Länder aufrüsteten, die Israel feindlich gesonnen waren, wie Saudi-Arabien, Syrien, Irak und Iran. Im November 1985 versuchte er in die israelische Botschaft in Washington zu flüchten, um sich seiner Verhaftung zu entziehen. Seine Bitte um politisches Asyl wurde aber abgelehnt.

Pollard behauptete, damals von Rafi Eitan, dem damaligen Chef des Mossad, im Stich gelassen und an das FBI ausgeliefert worden zu sein. Erst zehn Jahre nach seiner Verurteilung gewährte ihm Israel die Staatsbürgerschaft und erkannte ihn als israelischen Agenten an.

Nach Einschätzung der US-Regierung hat Pollard in Absprache mit Israels Geheimdienst und gegen Bezahlung alle zwei Wochen große Mengen geheimer Informationen weitergeleitet. Die lebenslange Strafe des Spions eines befreundeten Staates galt in den USA als sehr hartes Urteil. Die Strafaussetzung nach 30 Jahren hätte abgelehnt werden können. Für ­Pollard hätte das weitere mindestens 15 Jahre Haftzeit bedeutet.

Susanne Knaul