: Abschreckende Ausweiskontrolle
Schweden Flüchtlinge müssen bei der Einreise wieder gültige Papiere vorzeigen
Die offenen Grenzen hätten dazu geführt, dass Schweden die Kontrolle über die Asylsuchenden verloren habe, sagte Innenminister Anders Ygeman. Die konservativ-liberalen Oppositionsparteien begrüßten den Beschluss der rot-grünen Regierung, und auch die oppositionelle Linkspartei findet ihn „akzeptabel“.
Nach Schweden kamen in der vergangenen Woche offiziell 10.201 Asylsuchende – so viele wie nie zuvor. Seit Anfang des Jahres waren es rund 125.000, allein seit Anfang September über 80.000. Schweden nimmt pro Einwohner die meisten Asylsuchenden aller EU-Länder auf. Die Migrationsbehörde rechnet zudem mit einer zuletzt stark gestiegenen Dunkelziffer, da viele Flüchtlinge keinen Asylantrag stellen. Sei es, weil sie als „Transitflüchtlinge“ weiter nach Norwegen oder Finnland wollen, sei es, weil sie sich zunächst über die Situation für Asylsuchende orientieren oder bei Verwandten oder Bekannten Unterschlupf finden wollen. Diesen „unhaltbarer Zustand“ will Ygeman „unter Kontrolle bringen“.
Das Asylrecht werde nicht aufgeweicht, die Identitätskontrollen fänden auf schwedischem Boden statt, kein Asylsuchender werde abgewiesen, betont die Regierung. Dass Stockholm, das erst Ende vergangener Woche warnte, man könne neuen Asylsuchenden keine Unterkunft mehr garantieren, sich damit allerdings auch eine Wirkung auf die Flüchtlingszahlen verspricht, bestreitet Ygeman nicht. „Insgesamt gesehen wollen wir, dass weniger nach Schweden kommen und auch andere EU-Länder ihre Verantwortung übernehmen.“
Die Kontrollen werden auf den Fährhafen Trelleborg und die Öresundbrücke konzentriert. Ob das zu weniger Asylsuchenden führt, ist fraglich. Es könnte auch den gegenteiligen Effekt geben: Flüchtlinge mit Ziel Norwegen oder Finnland werden nun in Schweden registriert, müssen hier Asyl beantragen oder werden zurückgeschickt. Direkte Folgen gibt es für Papierlose: Die Reedereien dürfen niemand mehr an Bord lassen, der sich nicht ausweisen kann. Reinhard Wolff
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