: Es mangelt vor allem an Respekt vor dem Rechtsstaat
Türkei Die EU-Kommission kritisiert in ihrem Fortschrittsbericht die Regierung in Ankara scharf
Die Versammlungsfreiheit sei immer stärker eingeschränkt worden, regierungskritische Demonstrationen könnten kaum noch legal stattfinden. Noch mehr alarmiert ist die EU-Kommission über den zunehmenden Druck auf die Medien, sowohl auf die Besitzer von regierungskritischen Medienhäusern wie auf kritische Journalisten insgesamt.
In ihren Menschenrechten gefährdet sind nach Ansicht der EU-Kommission Frauen und Kinder insgesamt, speziell beklagt die Kommission die Einschränkung der Rechte von Homosexuellen und der Minderheit der Roma.
Als besonders bedrückend empfindet die EU die neuerliche Gewalt in den kurdischen Siedlungsgebieten im Osten und Südosten der Türkei. EU-Kommissar Hahn sagte bei der Vorstellung des Berichts, er hoffe, dass die türkische Regierung nach der Wahl am 1. November, die die regierende AKP mit großem Vorsprung gewann, nun die Rückkehr zu Friedensgesprächen vorbereite.
Gelobt wurde die Türkei wegen ihrer großen Aufnahmebereitschaft bezüglich syrischer Flüchtlinge. Hahn bekräftigte noch einmal, dass die EU die türkische Regierung bei der Bewältigung dieser großen Zahl von Flüchtlingen künftig stärker unterstützen will.
Von den Grünen im Europaparlament wurde scharf kritisiert, dass die EU-Kommission ihren insgesamt sehr kritischen Fortschrittsbericht absichtlich bis nach der Wahl am 1. November zurückgehalten hat. Offenbar wollte die EU trotz ihrer Kritik einen Sieg der AKP und damit des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogans nicht gefährden.
Die türkische Regierung reagierte nicht auf den Bericht aus Brüssel, zumal sie die wichtigsten EU-Vertreter an diesem Wochenende sowieso treffen wird. Gemeinsam mit den Chefs der wichtigsten EU-Staaten wird die EU-Spitze am Wochenende zu dem Gipfeltreffen der G-20-Staaten nach Antalya anreisen. Wie Kanzlerin Merkel vorab betonte, werde sie und die EU insgesamt der türkischen Regierung eine engere Kooperation in Flüchtlingsfragen anbieten. Daran wird auch ein kritischer Fortschrittsbericht nichts ändern. Jürgen Gottschlich
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