: Hamburg kann Kapitalismus
STADT-Aktie
Sage noch mal einer, der Staat, der Hamburger Stadtstaat zumal, könne keinen Kapitalismus. Kaum wurde am Freitagmorgen der Handel mit den Aktien der Frachtreederei Hapag-Lloyd an der Frankfurter Wertpapierbörse mit dem Läuten einer 200 Pfund schweren Schiffsglocke aus Bronze eröffnet, stieg der Kurs schon in ungeahnte Höhen. Mit satten 20,161 Euro wurde die Aktie zum Börsenschluss notiert, immerhin fünf Cent über dem Ausgabekurs. „Wir sind mit dem Interesse der Investoren und der Nachfrage zufrieden“, sagte der Vorstandsvorsitzende Rolf Habben Jansen. „Trotz eines herausfordernden Marktumfeldes ist es uns gelungen, diesen bedeutenden Schritt erfolgreich zu absolvieren.“
Der Börsengang war wegen der kriselnden Schifffahrtsbranche mühsam. Die Zeichnungsfrist musste um eine Woche verlängert und der Ausgabepreis herabgesetzt werden. Denn die weltgrößte Frachtreederei Maersk aus Dänemark hatte pünktlich zum geplanten Börsenstart des Konkurrenten Hapag-Lloyd einen Gewinneinbruch um 600 Millionen Dollar verkündet – verunsicherte Anleger stornierten daraufhin ihre Aktienbestellungen. Hapag-Lloyd musste den Preis von 29 Euro auf 20 Euro senken, der Unternehmenswert halbierte sich rechnerisch auf etwa 2,4 Milliarden Euro, Großaktionär Hamburg mit rund 24 Prozent muss ein Minus von etwa 500 Millionen Euro verbuchen.
Aber nun soll es wieder aufwärts gehen mit der viertgrößten Frachtreederei der Welt. Der Börsengang sei trotz des niedrigen Emissionspreises ein wichtiger Schritt, um neue Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen, sagt Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD). Und die Stadt könne nun Aktien versilbern, „ohne die Stabilität von Hapag-Lloyd zu gefährden“. Denn als Hamburg 2012 bei der Reederei mit 1,145 Milliarden Euro einstieg, versprach Bürgermeister Olaf Scholz (SPD): „We want our money back.“ Na dann – wait and see. smv
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