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Das DetailAusgequatscht

Immer das Gleiche: Schwarze Spieler können laufen – aber nicht denken

Da auch der Fußball immer statistischer wird, lässt man in diesem Fall am besten die Zahlen sprechen: Mit dem AC Mailand wurde Stefano Eranio (48) dreimal italienischer Fußballmeister, zwanzigmal spielte der Mittelfeldmann für das Nationalteam der „Azzurri“; und im RSI, dem Fernsehen der italienischen Schweiz, ist er nun, bei der Partie Bayer Leverkusen gegen AS Roma, zum zweiten Mal in seiner TV-Expertenkarriere durch rassistische Kommentare aufgefallen – und hat sich damit seine erste Entlassung eingehandelt.

Mit Blick auf das schlechte Abwehrverhalten des beim AS Rom aktiven deutschen Nationalspielers Antonio Rüdiger verstieg sich Eranio, in Ton und Habitus ein durchaus zarter, sympathisch wirkender Zeitgenosse, in der Halbzeitpause zu folgender Blitzanalyse: „Also, die farbigen Spieler ... wenn sie auf Abseits spielen, dann passieren ihnen bestimmte Fehler – weil sie nicht konzentriert sind. Physisch sind sie sehr stark – aber wenn’s ans Denken geht, dann geschehen immer wieder diese Fehler.“

Es sind tatsächlich immer wieder die gleichen Fehler. Rüdiger rückte nicht auf, sodass Leverkusens Chicharito nicht im ABSEITS stand und ganz entspannt einnetzen konnte. Und der Experte sagt das, was er schon immer gesagt hat, obwohl es schon immer gedankenfrei war und auch nichts zur Sache tut – sonst wäre er ja kein Experte. Und auch im Nachspiel wird nichts Neues geboten, denn selbstverständlich – sagt Stefano Eranio jetzt – habe er niemanden beleidigen wollen, sondern nur darauf hinweisen, dass die „afrikanische Fußballschule meistens wenig Wert auf die taktische Ausbildung legt“, obwohl Antonio Rüdiger das Fußballspielen in Berlin-Neukölln gelernt hat und in Afrika das letzte Mal im Kindesalter war. Relativ neu ist nur, dass ein TV-Sender seinen Experten nach dem zweiten Fehler ins Abseits stellt. Und seit Medien und viele ihrer Benutzer bei Rassismus den Spaß nicht mehr verstehen, gibt es eine weitere Neuigkeit: den Lügenpresse-Vorwurf. Ambros Waibel

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