Konflikt in Israel und Palästina: Immer brutaler, immer blutiger

In Israel liegen die Nerven blank. Ein Eritreer wird für einen Angreifer gehalten und gelyncht. Eine neue Mauer soll Muslime und Juden trennen.

Baufahrzeuge und eine halbfertige Mauer. Eine Passantin schaut zu

Eine Mauer soll Muslime und Juden in Jeruslame trennen. Foto: ap

TEL AVIV taz | Es schien zunächst ein ruhiger Tag zu werden. Doch am Sonntagabend, kurz vor 20 Uhr, kommt die Eilmeldung: ein Attentat in der Wüstenstadt Be‘er Scheva, das mit drei Toten und neun Verletzten brutaler und blutiger endet als die Ereignisse in den Wochen zuvor.

Mit einem Messer und einer Waffe ausgerüstet stürmt der 21-jährige israelische Beduine Muhannad al-Okbi den Busbahnhof von Be‘er Scheva und versucht auf die Menschen einzustechen. Dem 19-jährigen Soldaten Omri Levy entreißt er das Maschinengewehr, tötet ihn, verletzt neun Menschen, zwei davon schwer. Dann wird er von den Sicherheitskräften erschossen.

Besonders erschreckend ist an diesem Abend der Tod eines Unschuldigen, der fälschlicherweise für den Täter gehalten wird: Ein Flüchtling aus Eritrea wird zunächst von Sicherheitskräften angeschossen und dann von der Meute gelyncht.

Habtom Zarhum, 29 Jahre alt, war laut Medienberichten in Be‘er Scheva, um sein Visum zu erhalten. Videoaufnahmen zeigen, wie die Menschen ihn niederstoßen, eine Sitzbank auf ihn werfen und ihn mit einem Stuhl auf dem Boden festhalten. Augenzeugen versuchen, die Masse von der Attacke abzubringen. Habtom Zarhum stirbt später an seinen Verletzungen.

Waffen sollen die Bürger schützen

Die Stimmung ist geladen und der Hass groß – auf allen Seiten. Jeder scheint verdächtig. Und in einem Land, wo das Pfefferspray vorübergehend ausverkauft war und Bürgermeister und ein Polizeipräsident dazu auffordern, mehr Waffen bei sich zu tragen, kommt es zur Selbstjustiz.

Gleichzeitig riegeln die Sicherheitsbehörden immer mehr arabische Orte durch Straßensperren ab. Im ostjerusalemer Stadtteil Jabal Mukabber wurden am Sonntag Mauerteile aus Beton aufgestellt, um die Anwohner der benachbarten jüdischen Ortschaft Armon Hanatziv von Attacken mit Steinen und Brandbomben zu schützen.

Einige der bisherigen Attentäter kamen aus Jabal Mukabber, unter anderem Ala’a Abu Jamal, der mit seinem Auto in eine Bushaltestelle raste und danach wild auf die Menschen einstach.

Der Attentäter in Be‘er Scheva, Muhannad al-Okbi, kam nicht aus Jerusalem, sondern aus der Beduinenstadt Hura. Doch wieder war es ein junger Mann, der zuvor nicht kriminell aufgefallen war. Medien berichten, er wollte er nach Kanada auswandern, habe aber kein Visum erhalten und sei enttäuscht und psychisch angespannt gewesen.

Polizeikräfte und der Inlandsgeheimdienst haben in der Nacht ein Mitglied seiner Familie verhaftet, das verdächtig ist, an dem Attentat beteiligt gewesen zu sein.

Der Polizeichef des Südbezirks, Yoram Halevy, traf sich laut Medienberichten am Montag mit Anführern der Beduinengemeinschaft: „In meinem Bezirk im Süden fördern wir Koexistenz und leben friedlich zusammen, Juden und Beduinen. Beduinen dienen in der Armee, arbeiten bei der Polizei und helfen, die Sicherheit des Staates aufrechtzuerhalten. Wir können kein ganzes Volk abschreiben aufgrund der Tat eines Einzelnen.“

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