Flüchtlingshilfe mit Hindernissen: Der Bock als Gärtner

Private Sicherheitsleute einer Unterkunft für jugendliche Flüchtlinge hindern deren Betreuer bei der Arbeit. Die Sozialbehörde spricht von „Einzelfällen“.

Auch kultursensibles Sicherheitspersonal ist einem Schnaps nicht immer abgeneigt Foto: Stefan Puchner/dpa

BREMEN taz | Der Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen stelle Behörden, HelferInnen und Polizei vor große Probleme, heißt es immer wieder. Für einige BetreuerInnen der Initiative „Fluchtraum“ aber scheiterte die Arbeit in den vergangenen Wochen nicht an Verständnisschwierigkeiten oder vermeintlich kulturellen Eigenheiten – sondern am Sicherheitspersonal der Flüchtlingsunterkunft auf dem Stadtwerder.

Als eine Fluchtraum-Mitarbeiterin die Turnhalle betrat, um Schulunterlagen ihres Mündels zu sehen, soll ihr ein Sicherheitsmann hinterher gelaufen sein und sie aggressiv aus der Einrichtung geworfen haben. Sie habe „hier nichts zu suchen“, soll er gesagt haben. Und dieses „hier“ meint immerhin den Ort, an dem der betreute Jugendliche zu Hause ist – und zu Hause sein muss.

Für eine andere Betreuerin, die sich ehrenamtlich um einen afrikanischen Jugendlichen kümmert, endete der Versuch noch vor Tür. Der Jugendliche hatte sie um Hilfe gebeten: Er habe Angst und wolle nicht länger in der Unterkunft bleiben. Weil er aber weder den Namen des Ortes wusste, noch den Träger nennen konnte, fuhr sie mit ihm gemeinsam raus. Um nachzufragen, wie sie sagt. Doch sie wurde abgewiesen. Einen Dienstausweis wollte man sehen, da immerhin „Anschlagsgefahr“ bestehe. Hilfsorganisationen wolle man dort generell nicht sehen – „und das halte ich doch für völlig falsch“, sagt sie entschieden. Allerdings wolle sie „wirklich niemanden persönlich angreifen“.

Was die FlüchtlingshelferInnen ratlos und vielleicht wütend macht, stellt sich für die von Krieg und Flucht teils schwer traumatisiert Jugendliche erheblich problematischer dar. Der betroffene Jugendliche konnte sich dem Konflikt an der Tür nicht stellen, sondern versteckte sich in der Nähe.

Der Versuch, einem Flüchtling zu helfen, endete noch vor der Tür der Unterkunft.

Der Sozialbehörde sind Probleme mit Sicherheitsdiensten bekannt. „Beschwerden gibt es immer mal“, sagt Sprecher David Lukaßen. Oft gehe es nur um ein Vergreifen im Ton. Aber wenn mehr dahinter stecke, werde Personal abgezogen. Im Großen und Ganzen mache die Stadt aber gute Erfahrungen mit der Security. „Kultursensibel“ seien die, sagt Lukaßen – von Einzelfällen abgesehen.

Einzelfälle, wie es sie offenbar auf dem Stadtwerder gibt. Ausgerechnet vor einer Unterkunft für Jugendliche. Sogar alkoholisiert sollen sie gewesen sein. Träger der Einrichtung ist die Lothar Kannenberg-Akademie, die an anderem Standort mit auffällig gewordenen Jugendlichen arbeitet. Der pädagogischer Leiter Herbert Becker wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Sein Chef Lothar Kannenberg war für die taz gar nicht erst erreichbar.

Dass überhaupt Security an den Unterkünften steht, ist laut Sozialbehörde ganz im Sinne der BewohnerInnen. Zum Schutz vor Anschlägen nämlich und wegen Konflikten zwischen den Flüchtlingen. So etwa vor zwei Wochen bei einer vermeintlichen Massenschlägerei in Habenhausen. Dort hatte das Großaufgebot der Polizei dann zwar doch mehr Schaulustige als Schläger vorgefunden, doch forderte Jochen Kopelke, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, anschließend mehr private Sicherheitsdienste. Wie die Sozialbehörde sprach er von einem Team, „das die kulturellen Eigenarten der Bewohner kennt“ und Konflikte so schon am Anfang deeskalieren könne. Zumindest im Umgang mit ehrenamtlichen FlüchtlingshelferInnen scheint das nicht so recht zu gelingen.

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