Aus Mangel an Beweisen

Edathy Der U-Ausschuss erstattet Bericht: Für die Opposition ist klar, wer den SPD-Politiker vor Kinderporno-Ermittlungen warnte. Die Koalition legt sich nicht fest

Aussage im Dezember 2014: Sebastian Edathy belastete Michael Hartmann Foto: Jens Jeske

Aus Berlin Tobias Schulze

Die Opposition im Bundestag kritisiert den Abschlussbericht des Edathy-Untersuchungsausschusses. „Mit so einem Fazit führt man das parlamentarische Mittel des Untersuchungsausschusses ad absurdum“, sagte Linken-Obmann Frank Tempel, bevor der Ausschuss am Mittwoch über wesentliche Teile des Berichts abstimmte.

Darin geht es unter anderem um die Frage, ob und von wem der ehemalige SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy vor drohenden Kinderporno-Ermittlungen gewarnt wurde. Edathy selbst behauptete im Ausschuss, dass ihn der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann während eines Parteitags im Herbst 2013 über mögliche Ermittlungen informiert habe. Mehrere andere Zeugen stützen diese Aussage.

Einer davon, der Zeuge Jens J., arbeitete früher in Hartmanns Büro und war zugleich ein enger Vertrauter Edathys. Er belastete seinen Exchef besonders schwer: Dieser habe auf besagtem Parteitag auch ihn in die Sache eingeweiht. Das entscheidende Gespräch zwischen den beiden Abgeordneten habe er anschließend selbst beobachtet. Hartmann bestreitet dies.

Union und SPD legen sich jetzt nicht darauf fest, wem sie glauben. Der Ausschuss habe die Aussage von Jens J. „zur Kenntnis genommen“, schreiben sie im Abschlussbericht. Die Widersprüche zwischen dem Zeugen und Edathy auf der einen und Hartmann auf der anderen Seite habe man aber nicht auflösen können. Fazit: „Die Frage, ob Herr Edathy informiert wurde, wofür Vieles spricht, konnte der Ausschuss nicht endgültig klären.“

Grüne und Linkspartei werten die Aussage anders. Jens J. bezeichnen sie als glaubwürdig. In einem eigenen Kapitel des Berichts schreiben sie daher, es gebe „keinen plausiblen Zweifel an der Informierung des Abgeordneten Edathy durch den Abgeordneten Hartmann“.

Enttäuscht äußerten sich Vertreter der Opposition am Mittwoch vor allem über die Union: Deren Mitglieder im Untersuchungsausschuss hatten J. in den vergangenen Monaten ebenfalls als glaubwürdig bezeichnet. Statt der Interpretation von Grünen und Linken schloss sich die Union jetzt aber der Version des Koalitionspartners SPD an.

„Ob Herr Edathy informiert wurde, konnte der Ausschuss nicht klären“

Den Gesamtbericht wird der Ausschuss erst in vier Wochen beschließen. Ende November wird dann das Bundestagsplenum über die Ergebnisse debattieren. Ob Hartmann dabei sein wird, ist unklar: Als der U-Ausschuss ihn zu Jahresbeginn zur Vernehmung geladen hatte, verweigerte er die Aussage. Seitdem ist er krankgeschrieben. Vergangene Woche gab zudem die Staatsanwaltschaft Berlin bekannt, wegen des Verdachts der Falschaussage vor dem Ausschuss gegen Hartmann zu ermitteln.

Für Edathy ist die Angelegenheit derweil juristisch erledigt. Der U-Ausschuss beschäftigte sich nicht mit der Frage nach seiner Schuld, das Landgericht Verden stellte die Ermittlungen gegen ihn ein.

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