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"Stößt auf Unverständnis"

BILDUNG In seinem Buch schreibt der Reporter Marco Maurer über Bildungsungerechtigkeit

Marco Maurer

35,ist Buchautor und freier Journalist. Derzeit arbeitet er als Reporter für die NEON.

taz: Herr Maurer, aus welchem Elternhaus sollte man stammen, um die besten Bildungschancen zu haben?

Marco Maurer: Möchte ich einen Handwerksberuf erlernen, ist es sicher nicht schlecht, wenn mein Vater Gärtner ist. Möchte ich aber eine akademische Laufbahn einschlagen, sind meine Chancen sehr viel größer, wenn ich auch aus einem akademischen Haushalt komme. Rund 80 Prozent der Akademikerkinder studieren. Bei den Nicht-Akademikerkindern sind es lediglich um die 20 Prozent.

Der Titel Ihres Buches „Du bleibst, was du bist“ deutet es an. Ist unser Schulsystem so undurchlässig?

Wenn man die Zahlen sieht, bleibt nichts anderes zu sagen. Zwar ist die Zahl der Abiturienten zuletzt gestiegen. Aber auch die Anforderungen an die Berufe werden immer größer – Stichwort: schlecht bezahlte Praktika. Den höheren Bildungsabschluss kann man sich nur leisten, wenn sich die Familie das leisten kann – und das im Jahr 2015.

Was muss sich ändern?

Es braucht mehr Investitionen in Bildung und mehr Aufmerksamkeit. Ein anderer Punkt sind die Hürden innerhalb der Familie: Der Wunsch nach einem Studium stößt oft auf Unverständnis. Viele Kinder lassen sich davon beeinflussen.

Wer soll dieses Denken aufbrechen?

Von außen ist es schwer, in die Familien hineinzukommen. Wir brauchen gut ausgebildete Lehrer, die das Problem erkennen und auch angehen können. Die strukturelle Schwierigkeit ist jedoch: In den Grundschulen wird schon sehr früh separiert. Für viele Kinder wäre es allerdings besser, länger gemeinsam zu lernen. Das zeigt ein Blick nach Finnland. Dort lernen alle Kinder neun Jahre zusammen, die soziale Herkunft spielt bei der Berufswahl kaum eine Rolle.

Bildungschancen sind wohn­ort­ab­hängig. Wo steht Bremen?

Bremen steht da wie immer nicht an vorderster Stelle. Das muss sich ändern. Dabei fehlt es nicht immer an gutem Willen, aber an Geld.

Interview: Laurin Meyer

Lesung „Du bleibst, was du bist“: 18 Uhr, Kultursaal der Arbeitnehmerkammer, Anmeldung online

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