: Klare Töne im Untersuchungsausschuss
STAATSOPER Ein Zeuge wirft Ex-Kultursenator Wowereit vor, den Denkmalschutz ignoriert zu haben
Unverwechselbare Raumgeometrie, gelungene Proportionen, von bundesweiter Bedeutung: So klingt es, wenn Denkmalschützer ins Schwärmen kommen. Am Freitag durften die Mitglieder des Staatsoper-Untersuchungsausschusses Norbert Heuler vom Landesdenkmalamt zuhören, wie er die Knobelsdorff’sche Staatsoper Unter den Linden pries. Und deren behutsame Erneuerung durch den DDR-Architekten Richard Paulick in den 50er Jahren. Für die laufende Sanierung der Staatsoper, deren Kostensteigerung Gegenstand des Ausschusses ist, hatte Heuler nur schneidende Worte übrig: Ex-Kultursenator Klaus Wowereit (SPD) habe den Denkmalschutz ignoriert.
Bei der Sanierung des Barockbaus stand der Erhalt der Bausubstanz im Widerspruch zu den modernen Ansprüchen an Akustik und Sicht im Zuschauersaal. Das Landesdenkmalamt hatte sich vehement gegen eine Anhebung der Saaldecke und eine Veränderung der historischen Raumverhältnisse ausgesprochen. Doch nach Heulers Ausführungen nahmen Wowereit und Stadtbaudirektorin Regula Lüscher die Bedenken der Fachleute nie ernst: Obwohl das Landesdenkmalamt bereits 2002 ein Fachgutachten forderte, gab es der Senat erst Ende 2008 in Auftrag – zu einem Zeitpunkt, als viele Weichen im Bauprozess bereits gestellt waren: Ein erster, moderner Entwurf wurde im Juli 2008 wieder einkassiert, der Wettbewerb neu ausgeschrieben. In der zweiten Runde siegte das Stuttgarter Büro HG Merz mit einem Konzept, das eine höhere Saaldecke vorsah, einen erhöhten Bühnenturm und das Einreißen der Wände am Magazingebäude.
Viele Briefe an Wowereit
Heuler schildert, wie er immer wieder Bedenken vorgebracht, sogar persönliche Briefe an Wowereit geschrieben habe – alles umsonst. Letztlich habe man sich als Behörde der politischen Entscheidung beugen müssen. Dass „ausgerechnet die öffentliche Hand“ auf einem so kostspieligen Unterfangen beharrte, habe ihn schon gewundert.
Am Freitag waren auch der Generalmusikdirektor der Staatsoper, Daniel Barenboim, und der frühere kommissarische Generaldirektor der Stiftung Oper in Berlin, Stefan Rosinski, als Zeugen geladen. Der prominente Dirigent und Musiker wies eine Mitschuld an der Kostenexplosion zürück: Er habe sich ausschließlich um musikalische Belange gekümmert.
Seit Mai ermittelt der Ausschuss des Abgeordnetenhauses in der Frage, wie die auf 239 Millionen Euro veranschlagte Opernsanierung sich auf rund 400 Millionen Euro verteuern konnte. Die Wiedereröffnung des Hauses hat sich auf Herbst 2017 verschoben. Nina Apin
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen