: Kontinuität lautet das Motto der Stunde
Griechenland Im Eiltempo hat Wahlsieger Tsipras seine neue Regierung aufgestellt und schon vereidigt
Alexis Tsipras tritt aufs Gas. Kaum gewählt, ist das Kabinett des Ministerpräsidenten schon vereidigt. „Keine Stunde zu verlieren“, warnt das linke Parteiblatt Avgi. Das neue griechische Kabinett aus 46 Mitgliedern soll sofort an die Arbeit der Vorgängerregierung anknüpfen. Tsipras selbst reiste am Mittwoch sofort nach der Vereidigung seiner Regierung nach Brüssel zum Flüchtlingsgipfel der EU.
Drei Tage nach dem Wahlsieg des Linksbündnisses Syriza ist die Koalitionsregierung nun im Amt. Der alte und neue Regierungschef setzt dabei auf Kontinuität.
Dazu gehört nicht zuletzt die enge Zusammenarbeit mit der rechtspopulistischen Partei Anel von Panos Kammenos. Der Parteichef bleibt Verteidigungsminister, zudem bekommen die Rechtspopulisten weitere Ministerposten mit hohem Profilierungsfaktor: Ex-Journalist Terence Quick steht dem Ministerpräsidenten direkt zur Seite, Ex-Model Elena Kountoura darf das Tourismusministerium behalten.
Den Eindruck der Kontinuität will Premier Tsipras vor allem in den Wirtschaftsressorts stärken: Euklid Tsakalotos bleibt oberster Kassenwart, dazu kommt ein Ökonom der jungen Generation: Jorgos Chouliarakis, einst Wirtschaftsprofessor in Manchester. Erst beim Antrittsbesuch von Tsipras in Berlin wurde der parteilose Chouliarakis bekannt, nach der Entmachtung von Yanis Varoufakis rückte er immer stärker in den Vordergrund. Er gilt als „stiller Held“ der jüngsten Verhandlungen mit den Gläubigern. Tsakalotos pflegt zu scherzen, Choularakis sei so unauffällig und effizient, dass er sich manchmal fragt, „ob diese Person tatsächlich existiert“.
In ersten Stellungnahmen pochten die neu-alten Minister auf Reformmaßnahmen. Tsakalotos versprach eine erfolgreiche Überprüfung griechischer Reformfortschritte durch die Geldgeber. „Die Realwirtschaft und nicht die Rentner“ sollen den Staat finanzieren, mahnte Staatsminister Alekos Flambouraris. Gewiss: Viel Realwirtschaft ist nicht übrig geblieben nach sechs Rezessionsjahren. Wirtschaftsminister Jorgos Stathakis will dies ändern und stellt Investitionen von 100 Milliarden Euro in Aussicht.
Vorschusslorbeeren bekommt der neue Minister für Einwanderungspolitik Jannis Mouzalas, ein erfahrener Mediziner. Vor der Wahl durfte er das Amt übergangsweise, aber erfolgreich ausüben: EU-Gelder wurden plötzlich abgerufen, die Behörden anscheinend besser koordiniert. Nun darf Mouzalas auch länger bleiben.
Die Linkspartei Syriza hatte die Wahlen am Sonntag klar mit 35,5 Prozent der Stimmen vor der Nea Dimokratia mit 28,1 Prozent gewonnen. Die Koalition aus Syriza und Anel stellt 155 der 300 Abgeordneten.Jannis Papadimitriou
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