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Nein, Deutschland war „bis vor kurzem“ nicht der „Champion der guten Europäer“. Diese Überschrift, die ganz offensichtlich nicht vom Autor Eric Bonse stammt, zumal sie seinem Artikel völlig zuwider läuft, ist wahrlich grotesk. Diese Überschrift ist vielmehr ein allgemeines Medienproblem, das bei der taz ganz besonders ausgeprägt ist: Überschriften und Kurzzusammenfassungen am Artikelbeginn werden in der Regel nicht vom Autoren, sondern von der Redaktion geschrieben. Und wenn es mal vorkommt, dass die Redaktion den Artikel entweder nicht verstanden, anderer Meinung ist, oder gar nicht erst gelesen hat, kommen halt schon mal derartige Unglücksfälle heraus.
Quelle Nachdenkseiten
Ich wundere mich immer, wenn es um Diätenerhöhungen geht, erfolgt die Abstimmung in Minuten. Bei der Bankenrettung gab es keine Verzögerungen aber bei den Flüchtlingen streitet man über Quoten!
Seid ihr noch zu retten?
@Querdenker Was vielleicht auch daran liegen könnte, dass komischerweise die ach so kritische Opposition, die ja grundsätzlich alles für Scheiße hält, beim Thema Diätenerhöhung urplötzlich den Regierungssound übernimmt.
Kenne ich das nicht? Klar, aus der Bundespolitik. Da gab es mal, so in den 60-ern, die "Guten" (SPD), die Solidarität gepredigt haben, und "Böse" (FDP), die wollten, dass sich jeder selbst der Nächste ist. Zwei Einzelne, Scheel und Brandt, haben ihrerzeit das Kunststück hinbekommen, die beiden ungleichen Brüder in eine Koalition zu sperren. Bis 1982 hat die gehalten. Dann haben Scheels und Brandts Erben, die ganz anders waren, die Türen wieder aufgemacht. Die "fatale[n] Kettenreaktion" (Aushöhlung der sozialen Marktwirtschaft), die dadurch ausgelöst wurde, war allerdings nicht sofort sichtbar. Dazu musste nicht nur die FDP mit der Union anbandeln, es musste sich in der Folge auch in der SPD der Glaube durchsetzen, Erfolg sei wichtiger als Prinzipien. Erst danach ging das Gleichgewicht komplett verloren. Wer bisher bei den "Guten" war, der wollte jetzt den Anschluss kriegen. Als dann auch noch die Mauer fiel, war beinah jedem alles klar. Vor allem dieses: Solidarität rentiert sich nicht.
"Halb zog sie ihn, halb sank er hin", ließe sich nun angesichts jener EU-Länder sagen, die "dem deutschen Beispiel" folgen. Endlich nämlich kommen dort all die zum Zuge, deren Angst vor offenen Grenzen durch keine gute Erfahrung wettzumachen war. Wer Schengen in den 90-ern maximal ein Jahr gegeben hat, der sagt jetzt: "Ätsch, ich hatte recht!" Und viel zu viele Leute glauben ihm. Zehn Jahre hatten sie nun Zeit, der Angst mit Logik zu begegnen und Regeln aufzustellen, die was taugen. Auch, wenn das Wetter scheiße ist. Sie wurde nicht genutzt, die Zeit. Das rächt sich jetzt.
Nein, Berlin ist nicht alleine Schuld. Die Schuld trifft alle. Berlin ist nur der Auslöser, die Stadt, die mit ihrer Überheblichkeit und ihrem daraus resultierenden Versagen Schleusen öffnet für das, was sich angestaut hat. Ich glaube kaum, dass es sie wieder zu bekommt, die Schleusen. Der Zauberlehrling lässt schön grüßen. Ist lange her, dass Goethe ihn geschrieben hat.
`Diese Pläne unterstützen auch die „Guten“´
Unterstützen ist gut. Ich unterstütze auch immer meine eigenen Initiativen. Aber gut, seien wir spitzfindig: Otto Schily hält das Trademark seit 2004. Wer es noch einmal nachlesen möchte: http://www.proasyl.de/texte/2004/Nordafrika_0904.pdf
Soll der Ukraine erlaubt werden, Ziele tief in Russland mit westlichen Raketen und Marschflugkörpern anzugreifen? Ein Pro und Contra.
Kommentar EU und Flüchtlinge: Solidarität auf Sparflamme
Bis vor kurzem war Deutschland in der Flüchtlingsfrage der Champion der „guten“ Europäer. Jetzt droht es eine fatale Kettenreaktion in Gang zu setzen.
Runtergedimmte Hilfe: Seit die Grenze zu Österreich dicht ist, folgen immer mehr EU-Länder dem deutschen Beispiel und führen ihrerseits Grenzkontrollen ein. Foto: dpa
Hier die Guten, da die Bösen. Dieses einfache Schwarz-Weiß-Denken greift in der Flüchtlingskrise immer weiter um sich. Am Montagabend hat es auch die EU erwischt. Beim Treffen der Innenminister in Brüssel standen die „guten Europäer“, die eine solidarische Lastenteilung fordern, den „Bösen“ gegenüber, die Hilfe verweigern und Grenzen abriegeln – wie derzeit in Ungarn.
Doch so einfach ist es nicht. Denn zum einen haben die „Guten“ viel zu lange gezögert, bis sie aktiv geworden sind. Jahrelang wurden Italien und Griechenland, aber auch Spanien und Malta mit den Bootsflüchtlingen allein gelassen. Die erste Quote von 40.000 Migranten, die am Montag verbindlich beschlossen wurde, war viel zu niedrig. Deshalb kommen nun noch einmal 120.000 hinzu.
Zum anderen sind diejenigen, die jetzt Druck auf die „Bösen“ machen, selbst Teil des Problems. Dies gilt vor allem für Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Noch vor kurzem gab er sich als Hardliner, der nicht einmal Seenotrettung im Mittelmeer unterstützen wollte. Dann machte er die Grenzen auf – und genauso schnell wieder zu. Dies führte beim Krisentreffen in Brüssel zu Ärger.
Denn ausgerechnet Deutschland, der neue Champion der „Guten“, könnte eine fatale Kettenreaktion in Gang bringen. Seit die Grenze zu Österreich dicht ist, folgen immer mehr EU-Länder dem deutschen Beispiel und führen ihrerseits Grenzkontrollen ein. Wenn das so weiter geht, ist das Schengen-Abkommen zur grenzenlosen Reisefreiheit bald Makulatur. Und Berlin wäre daran mit Schuld.
Überwachung und Flüchtlingslager
Dass dem Chaos in der Flüchtlingspolitik nicht mit einem Schwarz-Weiß-Denken beizukommen ist, zeigen auch die Beschlüsse, über die derzeit nicht so gern geredet wird. Die EU will schon im Oktober mit dem Zerstören von Schlepperbooten beginnen. Sie will die Überwachung der Außengrenzen verschärfen und neue Flüchtlingslager bauen – möglichst vor den Toren Europas, in Nahost oder Afrika.
Diese Pläne unterstützen auch die „Guten“, allen voran Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Der Luxemburger wollte sogar die Türkei zum „sicheren Herkunftsland“ erklären. Letztlich geht es Juncker, de Maizière und Co. darum, die Festung Europa weiter auszubauen. Auf die ebenso simple wie dringende Idee, sichere und legale Fluchtkorridore zu schaffen, kommen sie nicht.
In Wahrheit bleiben auch die „Guten“ weit hinter dem zurück, was das UNHCR, Pro Asyl und viele andere Experten fordern. Am Ende könnten sie sich mit den „Bösen“ auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen, mit neuen Mauern und weiteren Militäreinsätzen, aber Solidarität auf Sparflamme. Den Flüchtlingen wäre damit nicht geholfen. Der europäischen Idee übrigens auch nicht.
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Schwerpunkt Flucht
Kommentar von
Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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