piwik no script img

Flüchtlinge in der Soldatenstube

Feldbetten Die Bundeswehr bringt Flüchtlinge in aktiven Kasernen unter

In der Reichspräsident-Ebert-Kaserne in Iserbrook trennt ein hoher Zaun Flüchtlinge und Soldaten. Die Bundeswehr hat für die Unterbringung von Asylbewerbern in ihrer Kaserne Platz gemacht und ein Gebäude ausgegliedert. Seit dem Wochenende schlafen nun unweit der Soldatenunterkünfte 75 Flüchtlinge.

Den Betrieb der Unterkunft habe die Stadt übernommen, sagt Kapitän zur See Michael Setzer von der Bundeswehr. Die Flüchtlinge hätten einen eigenen Zugang zum Gebäude. Insgesamt sollen auf dem Gelände der Bundeswehr in Hamburg rund 400 Flüchtlinge unterkommen. Die Kasernenanlage Reiherdamm übergab bereits eine Sporthalle mit 80 Feldbetten an das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und in eine Sporthalle in der Baudissin-Kaserne in Osdorf sollen 250 Flüchtlinge einziehen.

„Das ist eine Notsituation für alle“, sagt Bundeswehrsprecher Klaus Brandel. Die Bundeswehr stelle deshalb auch „Manpower“ zur Verfügung. 100 Soldaten aus Husum, sogenannte Spezialpioniere, sind für die Stadt im Einsatz, stellen Zelte auf oder bringen Feldbetten zu den Unterkünften. Die Innenbehörde könne die Soldaten kurzfristig einspannen, sagt Brandel.

In die Unterkünfte gehen die Soldaten in Uniform. Das dies für traumatisierte Bürgerkriegsflüchtlinge ein Problem sein könnte, ist dem Bundeswehrsprecher bewusst. „Wir verhalten uns zurückhaltend und tragen keine Waffen.“ Die Bundeswehrsoldaten sollten sich bei ihrer Arbeit dennoch nicht verstecken und ihre Uniform tragen, findet Brandel. Wenn sich Flüchtlinge daran störten, sollten diese solange in ihrem Zelt bleiben, sagt er.

Hermann Hardt vom Flüchtlingsrat Hamburg kritisiert den Einsatz der Bundeswehr. „Es hätte zivile Alternativen gegeben“, glaubt er. In Hamburg gebe es viele leerstehende Wohn- und Büroräume, die für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden könnten. „Die Zuwanderung war absehbar“, sagt Hardt. Die Stadt habe es versäumt, rechtzeitig Kapazitäten zu schaffen. „Jetzt die Bundeswehr einzusetzen, ist daneben.“

Zwar sei die Unterbringung in einer Kaserne besser als in Zelten oder Containern – solange diese nicht abgelegen seien, sagt Hardt. Doch durch die Präsenz der Soldaten wirke die Zuwanderung von Flüchtlingen wie eine Katastrophe. „Das ist sie aber nicht.“ rea

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen