: Fragwürdiger Bürgerentscheid
MITREDEN Relevanz des in Altona gestarteten Bürgerentscheids zur Bebauung von Zeise 2 ist umstritten
Im Bezirk Altona hat der Bürgerentscheid über die Bebauung des „Zeise 2“-Grundstücks begonnen. Noch bis zum 30. September dürfen knapp 200.000 Wahlberechtigte entscheiden, ob sie eine Wohn- oder eine gewerbliche Bebauung des Grundstücks neben dem Zeisekino vorziehen. „Sind Sie für den Bau von Wohnungen auf dem Parkplatz der Zeisehallen?“, fragt die Initiative „Pro Wohnen Ottensen“, die den Bürgerentscheid initiiert hat. „Sind Sie dafür, dass durch das Bauvorhaben im Stadtteil Ottensen rund 850 Arbeitsplätze für den Bezirk Altona entstehen?“, fragen dagegen die Parteien der Bezirksversammlung.
Ob die Entscheidung Auswirkungen auf die Bebauung hat, ist jedoch unklar. Das Vorhaben, das die Initiative verhindern will – ein Komplex von 13.000 Quadratmetern Bürofläche auf sechs Stockwerken – ist längst genehmigt und wird auch schon umgesetzt. Ob der Bürgerentscheid, sollte er gegen den Bürokomplex ausfallen, im Nachhinein etwas daran ändert, würden JuristInnen entscheiden müssen, sagte Bezirksamtssprecher Martin Roehl.
Wenn die AltonaerInnen für Wohnungen statt Büros stimmen, muss der Bebauungsplan geändert werden, der bisher eine gewerbliche Nutzung des Grundstücks vorsieht. Ob das überhaupt relevant für das bereits im Bau befindliche Projekt ist, oder nur für zukünftige Bauten gilt, ist strittig. „Im Nachhinein etwas zu stoppen, das auf Basis eines gültigen Gesetzes begonnen wurde, ist rechtlich eigentlich nicht möglich“, so der Bezirksamtssprecher.
Den Zuschlag für das Grundstück hatten die Investoren Quantum und Procom Invest ursprünglich für ein anderes Projekt bekommen: 80 Wohnungen wollten sie auf dem Zeise-Parkplatz bauen. Als sie im Januar anfingen, stattdessen den Bürokomplex umzusetzen, hatten sie die Genehmigung dafür noch gar nicht in der Tasche. Diese erteilte Bezirksamtsleiterin Liane Melzer (SPD) dann im Mai im Alleingang und löste damit einen Eklat im Hauptausschuss der Bezirksversammlung aus.
Pro Wohnen Ottensen hält das Vorgehen aus einem anderen Grund für rechtswidrig: Als Melzer den Bau genehmigte, lief bereits ein Bürgerbegehren dagegen. Damit hätte laut der Initiative eigentlich eine „Sperrwirkung“ bestanden und das Erteilen der Genehmigung unmöglich gemacht. Die Mitglieder von Pro Wohnen Ottensen haben bereits angekündigt, gegen die Genehmigung zu klagen. Per Crowdfunding sind dafür bereits 5.500 Euro zusammengekommen. KSCH
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