: Immer noch keine richtige Teilhabe am Arbeitsmarkt
Inklusion Eine neue Expertise bemängelt die Arbeitssituation von psychisch schwer Erkrankten
Bis zu eine Million Erwachsene in Deutschland leiden unter einer schweren psychischen Erkrankung, schätzen die Autoren. Für Betroffene sei es wichtig, einen strukturierten Alltag zu haben und eigenes Geld zu verdienen. Ulf Fink, ehemaliger Gesundheitssenator und Vorstandsvorsitzender von Gesundheitsstadt Berlin e.V., sagt über die berufliche Teilhabe: „Arbeit kann krank machen. Aber gute Arbeit macht gesund.“
Allerdings, und hier sehen die Verfasser der Expertise ein großes Problem, seien Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen im regulären Arbeitsmarkt nicht angemessen integriert. Stattdessen arbeiteten sie häufig in Behindertenwerkstätten oder speziellen Therapieeinrichtungen, also auf dem sogenannten zweiten Arbeitsmarkt.
Nur etwa 15 Prozent der Betroffenen seien regulär erwerbstätig, schätzt Steffi Riedel-Heller, Direktorin des Leipziger Instituts für Sozialmedizin. Das aber verfehle das Ziel der beruflichen Teilhabe. Riedel-Heller formuliert es drastisch: Man müsse weg von der Devise „Schonen und ein bisschen töpfern macht die Menschen zufrieden.“
Stattdessen brauche es umfassende Rehabilitation – medizinisch, beruflich und sozial. Die Autoren empfehlen deshalb, Betroffene möglichst früh auf dem regulären Arbeitsmarkt einzusetzen und berufliche Teilhabe so zu einem festen Element der Behandlung zu machen. Dabei könnten spezialisierte „Job-Coaches“ helfen.
Ein solches „Supported Employment“ habe sich in internationalen Studien als effektiv erwiesen, schreiben die Experten. Auch Katrin Zeddies von der Selbsthilfegruppe Grenzgänger e.V. plädiert dafür, „angemessen zu fordern“ und Betroffenen Mut zu machen, sich zurück ins Arbeitsleben zu wagen. Zwar gebe es in Deutschland schon zahlreiche Angebote zur beruflichen Wiedereingliederung. Das System sei aber noch zu komplex.
Die Expertise liefert selbst allerdings keine umfassende Erhebung. Auch was konkrete Handlungsempfehlungen für die Politik angeht, steht man noch am Anfang. Johanna Roth
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