: Aufschub am runden Tisch
VERGNÜGUNGSORTE Am Wochenende ist es auf dem RAW-Gelände nirgends so voll wie auf dem Street-Food-Market der „Neuen Heimat“. Der Club erhält bis November eine Frist, Auflagen des Brandschutzes zu erfüllen
von Andreas Hartmann
Zumindest langweilig wird es einem mit dem RAW-Gelände in Friedrichshain nicht, ständig gibt es Neues von Berlins umkämpfter Immobilie, die erst vor Kurzem für 30 Millionen Euro von einem Investor gekauft wurde. Zuletzt war das Gelände, das allerlei Clubs und Kneipen beherbergt, jedoch nur noch aufgrund unschöner Ereignisse im Gerede.
Die Dealer gehören längst zum Inventar, nun aber gab es vermehrt Raubüberfälle auf dem Areal, von Bandenunwesen ist die Rede, und seitdem fährt die Polizei hier Tag und Nacht Patrouille, die Spaßoase von einst ist zum Brennpunkt geworden, über den auch überregional berichtet wird.
Letzte Woche dann der nächste Paukenschlag: Die „Neue Heimat“, seit Langem der beliebteste Club auf der Freifläche, soll geschlossen werden. Eine anonyme Anzeige, die auf den Verstoß gegen Sicherheitsauflagen in der „Neuen Heimat“ aufmerksam machte, sei beim Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain eingegangen, erklärten die Betreiber der „Neuen Heimat“. Baustadtrat Hans Pankoff von den Grünen ließ der Sache nachgehen, mit dem Ergebnis: Die „Neue Heimat“ müsse schließen, weil sie massiv gegen Brandschutzverordnungen verstoße.
Diese Meldung erzeugte in den vergangenen Tagen ein enormes mediales Echo. Die „Neue Heimat“, die nicht unumstritten ist und für viele im alteingesessenen alternativen Milieu Friedrichshains als Hipstertreff für Yoga-Muttis und Soja-Latte-Trinker beargwöhnt wird, ist stadtbekannt. Am Wochenende ist es auf dem RAW-Gelände nirgends so voll wie auf dem Street-Food-Markt der „Neuen Heimat“.
Hans Pankoff von den Grünen stand plötzlich als spießiger Spaßverderber vom Amt da, vom „Clubsterben“ war sofort wieder die Rede. Parallelen zum Veranstaltungsort „Stattbad Wedding“ wurden gezogen, der vor Kurzem ebenfalls aufgrund von Verstößen gegen die Brandschutzbestimmungen urplötzlich geschlossen wurde. Ironischerweise kamen einige der für das „Stattbad“ geplanten Events in der „Neuen Heimat“ unter, außerdem führte auch bei der Weddinger Location eine anonyme Anzeige zu deren Schließung.
Baustadtrat Pankoff traf sich im Laufe dieser Woche noch einmal mit Vertretern der „Neuen Heimat“ zum runden Tisch, gemeinsam mit einem Brandschutzgutacher, Feuerwehrleuten, einem Vertreter der Bauaufsicht und jemandem von der Club Commission. Mit dem vorläufigen Ergebnis: Der Betrieb der „Neuen Heimat“ wird bis zu Novemberbeginn geduldet. Bis dahin müssen die Clubbetreiber die drängendsten Probleme behoben haben, im Besonderen muss bis dahin eine Holzkonstruktion an der Decke des Clubs verschalt werden, und Brandwachen, die nach Beobachtungen des Bezirks zuletzt bei manchen Events abgezogen wurden, müssen bei Veranstaltungen wieder obligatorisch sein. Außerdem wird betont, dass der „Neuen Heimat“ schon immer nur genehmigt wurde, die Halle 13 auf dem RAW-Gelände zu bespielen.
Sascha Langenbach, Bezirkssprecher von Friedrichshain-Kreuzberg, aber erklärt auf Nachfrage: „In den letzten Monaten wurden von der ‚Neuen Heimat‘ vermehrt Hallen ohne Genehmigungen genutzt, was einen massiven Verstoß gegen Sicherheitsauflagen bedeutet. Und die veranstalteten Open-Air-Discos lässt die Feuerwehr sowieso ziemlich ratlos.“ Jede Form von Veranstaltungen außerhalb der Halle 13 sind also zumindest bis November ausdrücklich untersagt.
Wie es so weit kommen konnte mit dem ganzen Trubel rund um die „Neue Heimat“ und warum Sicherheitsauflagen, die den Clubbetreibern ja bekannt waren, nicht eingehalten und Probleme mit dem Brandschutz nicht behoben wurden, ließ sich seitens der „Neuen Heimat“-Macher nicht in Erfahrung bringen. Dort war in den letzten Tagen niemand erreichbar, lediglich per E-Mail wurde man darüber informiert, dass man in den nächsten Tagen ein offizielles Statement zur Sache herausgeben werde.
Baustadtrat Hans Pankoff jedenfalls machte nun gestern in einer abschließenden Presseerklärung klar, dass die „Neue Heimat“ vorerst unter besonderer Beobachtung steht. Noch ein Verstoß gegen die Sicherheitsauflagen, noch eine Veranstaltung, die nicht gerecht der Vereinbarungen mit dem Bezirk stattfindet, dann ist Schluss mit der „Neuen Heimat“.
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