: Streit über Tourismus-Schilder
WERBUNG Schleswig-Holstein will keinen Schilderwald an Autobahnen, Zoo-Betreiber sieht Willkür
Zoo-Direktor Ingo Wilhelm vom „Arche Noah“-Zoo in Grömitz kämpft seit vier Jahren für ein Tourismus-Schild. 4.000 bis 7.500 Euro wäre er bereit für eines der braun-weißen Schilder an der Autobahn zu bezahlen. Jetzt sagte ihm die Verkehrsbehörde Schleswig-Holstein ab. Der Grund: Sein Zoo sei keine touristische Einrichtung – und zu weit von der Autobahn entfernt. Wilhelm bezeichnet die Erklärungen als „fadenscheinig“. In seinen Zoo kämen jährlich mehr als 100.000 Besucher und zudem sei er als kulturelle Einrichtung anerkannt. „Wenn man nicht die richtigen Leute kennt, hat man keine Chance“, sagt er. Nur so könne er sich erklären, warum andere Bewerber schon nach einem Jahr einen positiven Bescheid erhalten haben.
Robert Dahl, Betreiber von „Karls Erlebnis-Dorf“ in Warnsdorf, hatte mehr Glück. Das Ausflugsziel mit Maislabyrinth und Erdbeerhof ist seit diesem Jahr an der A 1 zwischen Lübeck und Travemünde ausgeschildert.
Ob ein Schild aufgestellt werden darf, richtet sich nach den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung und den „Richtlinien für die touristische Beschilderung“ (RtB). Dennoch haben die Länder einen Handlungsspielraum. In Schleswig-Holstein haben das Verkehrsministerium und die Tourismusagentur Schleswig-Holstein (TASH) neue Kriterien für das Genehmigungsverfahren erarbeitet. Ziel sei es, einen Schilderwald in Schleswig-Holstein zu verhindern, erklärt Birte Pusback, Pressesprecherin im Verkehrsministerium. „Wir legen einen strengen Maßstab bei den Genehmigungen an, weil zu viele Schilder die Verkehrssicherheit gefährden und sich sonst der Sinn dieser Schilder selbst aufhebt“, so die Sprecherin.
Gute Chancen für eine Genehmigung haben demnach Regionsbezeichnungen, wie zum Beispiel die Hohwachter Bucht, Freizeiteinrichtungen, Museen, Industrie- und Kulturdenkmäler und Naturparks. Obwohl das Ministerium grundsätzlich Thermen und Bäder ausschließt, hat die Holsten-Therme in Kaltenkirchen ein Schild bekommen. „Wenn die Ziele eine überregionale Bedeutung haben, machen wir auch mal eine Ausnahme“, erklärt Pusback. Insgesamt 57 Ziele sind derzeit in Schleswig-Holstein ausgeschildert. Anfang des Jahres kamen sechs neue dazu, darunter Karls Erlebnis-Dorf. Wilhelms Zoo ist wieder nicht dabei, obwohl er die Kriterien erfüllt. Sein Zoo hat mehr als 100.000 Besucher pro Jahr, ist ganzjährig geöffnet und ist mit elf Kilometern nur eine Spur zu weit von der Autobahn entfernt.
Niedersachsen ist da nicht so streng. „Wenn es halbwegs geht, dann genehmigen wir ein Schild. Wir wollen da nicht so kleinlich sein“, sagt Karsten Többen vom Verkehrsministerium in Hannover. Man schaue sich die Kriterien an, und wenn sie formal erfüllt sind, dann steht einer Genehmigung nichts mehr im Wege. „Wir maßen uns keine Bewertung der Einrichtungen an, sondern verlassen uns auf die fachkundigen Behörden wie Tourismusverbände und Naturschutzbehörden“, sagt Többen. Auch die Regelung, dass nur ein Schild innerhalb von zehn Kilometern aufgestellt werden darf, lege Niedersachsen weich aus. Das Interesse an den Tourismus-Schildern sei groß. Jährlich würden im Land fünf bis acht Schilder genehmigt, 240 stehen schon.
Larissa Robitzsch
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