Stabilität der Bankensysteme gefährdet: Janet Yellen regiert die Welt

In dieser Woche könnte die Chefin der US-Notenbank Fed eine Anhebung der Leitzinsen verkünden. Das wird die Weltwirtschaft hart treffen.

Janet Yellen hinter einem großen Pult am Mikrofon

Mächtig: Janet Yellen. Foto: ap

HAMBURG taz | Vor der mit Spannung erwarteten Sitzung der amerikanischen Notenbank Fed scheint die Welt aus den Fugen geraten zu sein. Das gilt auch für die Finanzmärkte. Ein schnelles Wachstum der privaten wie der öffentlichen Verschuldung sowie steigende Immobilienpreise gefährden vor allem in mehreren Schwellenländern, aber auch in einigen Industriestaaten die Stabilität der Bankensysteme. Dies zeigt eine aktuelle Risikoanalyse der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in ihrem neuen Quartalsbericht.

In China, Brasilien und Argentinien, der Türkei, Indonesien, Singapur und Thailand, aber auch in Industrieländern wie Japan, Schweiz und den Niederlanden zeigen die BIZ-Indikatoren kritische Werte an. Als gefährlich schätzt die Zentralbank der Zentralbanken zudem die starken Kursschwankungen auf den Finanzmärkten an.

Ausgelöst wurde das ruhelose Auf und Ab von einer Vielzahl von Ereignissen: Unsicherheiten um Griechenland, Börsencrash in China, der tiefe Fall der Preise für Erdöl und Industrierohstoffe oder die Aufwertung des Dollars. Vor allem ein starker Zinsanstieg könnte angesichts der labilen Lage in vielen Ländern das Banken- und Finanzsystem überfordern.

Zudem hat das billige Geld von den Notenbanken für eine weitere Ausdehnung der Finanzgeschäfte gesorgt – was nicht allein von alternativen Ökonomen wie Helge Peukert vom Netzwerk Plurale Ökonomik kritisiert wird. In einer kürzlich veröffentlichten Studie kommt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu dem Schluss, dass „die Expansion der Finanzmärkte das Wirtschaftswachstum schädigt“. Der Grund ist: Investitionen in Fabriken und Arbeitsplätze unterbleiben, wenn weltweit immer mehr in Finanzprodukte investiert wird.

Ende der Null-Zins-Politik?

In dieser Woche könnte jedoch die Spitze der amerikanischen Notenbank Fed auf ihrer Sitzung in Washington eine Kehrtwende beschließen. Seit Monaten erwarten Analysten und Marktbeobachter ein Ende der Null-Zins-Politik: Die gute Konjunktur in den Vereinigten Staaten, sinkende Arbeitslosenzahlen und die Sorge vor noch größeren weiteren Spekulationsblasen – das billige Geld der Notenbank hat etwa die Aktienkurse an der Wall Street bis hin zum deutschen DAX beflügelt – sprechen für den Beginn einer flotten Zinserhöhungsrallye.

Gegen eine Zinserhöhung sprechen jedoch Risiken für die Weltwirtschaft. Die BIZ-Ökonomen Boris Hofmann und Előd Takáts warnen vor „Spill-over-Effekten“ der Fed-Geldpolitik: Die Zinsen in vielen Ländern hängen von der Entwicklung der amerikanischen Leitzinsen ab. Dies gelte für die Zinsen der privaten Banken wie für die Leitzinsen der Zentralbanken. Auf diese Weise würde eine Zinserhöhung durch die Fed in alle Welt exportiert werden. Doch die Notenbanken in vielen Ländern reagieren gerade auf die heraufziehenden Krisenzeichen mit sinkenden Leitzinsen. Eine Zinserhöhung in den USA könnte diese Rettungsversuche unwirksam machen.

Das billige Geld der Notenbanken befördert auch Blasen an den Börsen

Seit Monaten bereitet die US-Notenbank den Boden für eine Zinserhöhung vor. Es wäre die erste Erhöhung seit fast zehn Jahren. Die Erwartungen der Finanzanalysten für die Sitzung der Währungshüter sind zurzeit unentschieden. Sollte Fed-Chefin Janet Yellen in dieser Woche vor einer Entscheidung noch zurückschrecken, gilt eine Zinserhöhung in diesem Jahr dennoch als fast sicher. Um ein Überhitzen der US-Konjunktur zu verhindern und um für zukünftige Krisen wieder mehr Zins-Spielraum zu gewinnen.

Die Bedeutung der amerikanischen Notenbank und des US-Dollars für den Rest der Welt sind immer noch erheblich – trotz des Euros und des Aufstiegs des chinesischen Renminbi. So betrugen laut der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich Ende März die US-Dollar-Finanzierungen außerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika rund 9,6 Billionen US-Dollar – während sich die Euro-Finanzierungen von Unternehmen außerhalb des Raums der europäischen Gemeinschaftswährung umgerechnet auf „nur“ rund 2,8 Billionen Dollar beliefen.

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