: Richtschnur, aber kein Gesetz
FAMILIENRECHT Mit der neuen „Düsseldorfer Tabelle“ sind die Sätze für Unterhaltszahlungen gestiegen
Die „Düsseldorfer Tabelle“ ist ein Rechtsbegriff, mit dem viele nichts anfangen können. Betroffene getrennte Paare wissen hingegen ganz genau, worum es sich handelt. Die Tabelle ist die Richtschnur, nach der die Familiengerichte den Unterhalt der Kinder von geschiedenen oder getrennt lebenden Eltern berechnen. Die Unterhaltszahlenden sind dabei bis heute überwiegend Väter.
Ende Juli wurde nun vom Düsseldorfer Oberlandesgerichts (OLG) eine neue Auflage der „Düsseldorfer Tabelle“ veröffentlicht. Demnach erhalten Trennungskinder vom 1. August an von ihren unterhaltspflichtigen Elternteilen mehr finanzielle Unterstützung – zum ersten Mal seit 2010. Im Durchschnitt gibt es 3,3 Prozent mehr Unterhalt.
Hintergrund ist, dass der Bundestag im Juli beschlossen hat, den steuerlichen Kinderfreibetrag sowie das Kindergeld und den Kinderzuschlag rückwirkend zum 1. Januar 2015 zu erhöhen. Um diese Vergünstigungen für die Unterhaltspflichtigen auszugleichen – das Kindergeld etwa wird ihnen zur Hälfte angerechnet –, steigt der Mindestunterhalt (bei einem Mindestnettoeinkommen von 1.500 Euro) für ein Kind bis sechs Jahre von bislang 317 auf monatlich 328 Euro. Für Kinder bis zum zwölften Lebensjahr werden 376 (zuvor 364) Euro festgelegt. Für Kinder vom 13. bis zum 18. Lebensjahr soll es 440 Euro statt 426 Euro geben. Ab dem 18. Lebensjahr sollen 504 statt wie bisher 488 Euro gezahlt werden. Selbstverständlich aber steigen die Sätze mit dem Einkommen: Wer netto mehr als 5.100 Euro verdient, zahlt beim ersten und zweiten Kind bis zu sechs Jahren nach Abzügen je 623 Euro.
Experten begrüßen die Entscheidung, nicht zuletzt weil zuvor zweimal die Selbstbehalte der Unterhaltszahler erhöht wurden. „Deshalb bin ich froh, dass jetzt die Kinder dran sind“, so Jürgen Soyka, der Familienrichter am OLG Düsseldorf, der an der Tabelle mitgearbeitet hat . Zuletzt wurde das von der Besteuerung ausgenommene Existenzminimum der Unterhaltspflichtigen für 2015 von bisher 4.368 Euro um 144 Euro auf 4.512 Euro angehoben. Weil der Kinderfreibetrag 2016 von auf 4.608 Euro steigen soll, werden die Unterhaltssätze voraussichtlich zum Beginn des kommenden Jahres noch einmal leicht angehoben werden.
Die „Düsseldorfer Tabelle“ gibt seit 1962 einheitliche Richtwerte für die Berechnung des Familienunterhalts vor. Allerdings ist sie kein Gesetz, sondern eine Leitlinie. Zunächst für den internen Gebrauch von Richtern des Landgerichts in Düsseldorf ausgearbeitet und später von der nächsten Instanz, dem OLG, weiterentwickelt, ist heute neben Fachleuten aller 24 Oberlandesgerichte in Deutschland auch die Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages an ihrer Veröffentlichung beteiligt. OS
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