Umweltschutz: Walkampf kurz vorm Ablegen

Das letzte in Bremen liegende „Sea Shepherd“-Schiff wird für den Einsatz auf den Färöer-Inseln repariert. Dort wartet ein Aktivist auf seinen Prozess.

Noch ist Sea Shepherds „Bob Barker“ nicht ausgelaufen... Foto: Jan-Paul Koopmann

BREMEN taz | Noch sind inmitten der Seeleute in Totenkopf-Shirts auf der „Bob Barker“ die Handwerker zugange. In wenigen Tagen soll dieses letzte der im Gröpelinger Industriehafen vertäuten Schiffe der Tierschutzorganisation „Sea Shepherd“ in den Nordatlantik aufbrechen – um vor den Färöer-Inseln Grindwale zu retten. Jeden Sommer treiben Boote die Wale in die Buchten, wo am Ufer bereits die Dorfbewohner warten. Mit Haken ziehen sie die Tiere ins seichte Wasser und töten sie dort mit dem Messer. Diese Veranstaltungen mit Volksfest-Charakter sind fester Bestandteil der lokalen Folklore. Und um viel mehr geht es heutzutage auch nicht mehr, denn vor dem Verzehr des quecksilber-belasteten Walfleisches warnt selbst das Färöer Umweltministerium.

Die Bilder der Schlachtungen gehen seit Jahren um die Welt: Das Wasser ist blutrot, verwundete Tiere werfen sich darin umher. Mittendrin die AktivistInnen von Sea Shepherd, die an Land versuchen, sich zwischen Mensch und Wal zu stellen, während ihre wendigen Boote auf See versuchen, die Treiber zu behindern. In dieser Saison ist auch der Bremer Tom Strerath auf den Inseln – derzeit allerdings nicht ganz freiwillig. Die Dänische Marine hat ihn auf einer Erkundungsfahrt festgenommen. Auf die erste Anhörung vor Gericht wartet er seit Wochen vergeblich – wegen verfahrenstechnischer Schwierigkeiten, heißt es. Sea Shepherd sieht das anders: „Wir glauben, die wollen ein Exempel statuieren“, sagt Manuel Abraas, Deutschland-Sprecher der Organisation.

Bei ihrer Tradition verstehen die Färöerer keinen Spaß. Ein eigenes Gesetz bestimmt etwa eine Bannmeile um die Schlachtungen und verpflichtet sogar Touristen, gesichtete Tiere zu melden, damit sie den Treibern nicht entgehen. Weil sie das Brauchtum stören und es als „primitive Barbarei“ bezeichnen, wird den Tierschützern immer wieder Rassismus vorgeworfen. Abraas lässt das nicht gelten: „Wir schützen Wale vor dem Massaker“, sagt er, „egal, wer dafür verantwortlich ist.“ Auch gebe es durchaus auch auf den Inseln Menschen, die Sea Shepherd unterstützen, indem sie etwa Unterkünfte zur Verfügung stellen.

Auch bereits in diesem Jahr dabei war Rosie Kunneke aus Südafrika. Sie wurde mit anderen AktivistInnen vorzeitig ausgewiesen und ist gerade in Bremen auf der „Bob Barker“ angekommen. Einschüchtern lassen werde sie sich nicht, sagt sie. Nun wartet sie mit den anderen auf die Reparatur des Schiffes.

Benannt wurde der ehemalige Walfänger nach einem Fernsehmoderator, der den Schiffsumbau mit fünf Millionen Dollar finanziert hat. Sea Shepherd hat das alte Schiff wieder seetüchtig gemacht, den Bug verstärkt und ein Hubschrauberdeck für Aufklärungsflüge aufs Heck gesetzt. Barker ist nicht der einzige zahlungskräftige Unterstützter von Sea Shepherd. Seit die Gruppe 1977 von Greenpeace Gründungsmitglied Paul Watson ins Leben gerufen wurde, haben sich immer wieder Promis gefunden, die der Gruppe trotz ihres Rufs als „Ökoterroristen“ großzügig gespendet haben.

Oder vielleicht auch gerade deswegen. Die bewusst klein gehaltene Organisation hat sich ihr kämpferisches Image auch dadurch bewahrt, dass sie sich der vermittelnden Lobbyarbeit, wie Greenpeace sie praktiziert, konsequent verweigert. Das wirkt: Seit die Schiffe in Bremen angelegt haben, stehen Fans an der Reling Schlange. Als am vergangenen Freitag in der Innenstadt demonstriert wurde, erschienen die rund 50 UnterstützerInnen fast komplett in schwarzen T-Shirts mit Sea Shepherds Piratenlogo. Wichtiger noch als das Merchandise sind aber die aufwändig produzierten Videos. In der Doku-Serie „Whale Wars“ ist Sea Shepherd bereits seit sieben Staffeln auf dem Sender Animal Planet zu sehen – DVDs der Reihe sind in zig verschiedenen Sprachen erhältlich.

Auch der verhaftete Bremer Tom Strerath erzählt in einem Online-Interview, dass es vor allem die Bilder waren, die ihn zu Sea Shepherd gebracht haben. Umweltschützer war er allerdings auch vorher: Im vergangenen Jahr war er noch an der Bremer „Operation Sturmmöwe“ beteiligt und versuchte, eine Vogelkolonie in der Überseestadt zu schützen. Terrorist ist er aber auch heute nicht geworden. Anders als bei Auseinandersetzungen in der Antarktis agiert Sea Shepherd auf den Färöer-Inseln weitgehend friedlich. Statt Buttersäure und Rauchgranaten nutzen die TierschützerInnen dort vor allem ihre Kameras, um die Schlachtungen zu dokumentieren. Das Blutvergießen überlassen sie der Gegenseite.

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