Arbeitsvermittlung für Geflüchtete: „Davon können wir nur profitieren“
Zwei Studenten haben die erste Arbeitsplatzbörse für Geflüchtete gegründet. Dafür bekommen sie nicht nur Fanmail.
Es ist ein Abschlussprojekt, das Tausenden den Neuanfang erleichtern soll. Die Studenten David Jacob und Philipp Kühn haben die erste Jobbörse für Flüchtlinge gegründet. „Workeer“ will arbeitssuchende Flüchtlinge mit potenziellen Arbeitgebern verbinden. Bewerber erstellen ein Profil mit Berufswunsch sowie Angaben zu Ausbildung und Sprachkenntnissen.
Arbeitgeber inserieren Jobangebote oder können auf „Workeer“ nach geeigneten Kandidaten suchen. Der Name der Plattform, sofern er schnell über die Lippen geht, ist eine Einladung: „Work here“. „Arbeite hier“. Verbunden ist sie mit der Chance auf Integration.
taz: Herr Jacob, ihnen und ihrem Projektpartner Philipp Kühn erst einmal herzlichen Glückwunsch zum Bachelorabschluss. Seit wenigen Tagen ist ihre Webseite nun auch live. Wie ist denn die Idee dazu entstanden?
David Jacob: Wir wollten etwas Praktisches machen, etwas für Menschen, etwas was mit der wirklichen Welt zu tun hat. Wir sind beide sehr politikinteressiert. Mich hat genervt, wie die Politik mit dem Thema Flüchtlinge umgeht. Es werden keine guten Konzepte entwickelt, die zu einem besseren Ergebnis führen. Auch die Kommunikationskultur ist eine frustrierende. Es gibt einfach keinen Grund, warum Menschen mit einer guten Ausbildung oder tollen Fähigkeiten, die hier herkommen, nicht einen Arbeitsplatz finden sollten. Und das wollen wir ihnen einfach ermöglichen. Davon können wir auch als Gesellschaft nur profitieren.
Wie sind sie vom Problem zum Konzept gekommen?
Es gibt natürliche eine Menge Probleme, die es zu lösen gilt. Wir haben geguckt, welches wir im Rahmen einer Bachelorarbeit sinnvoll angehen können. Bei dem Thema Arbeitsvermittlung haben viele Faktoren gestimmt. Wir können einen großen Nutzen erzielen, für die Geflüchteten und für die Gesellschaft. Und für uns ist daraus ein spannendes Projekt entstanden, das wir innerhalb von vier Monaten realisieren konnten.
Sie sind noch in der Beta-Phase, bekommen aber bereits sehr viel Aufmerksamkeit. Die Bewerberliste füllt sich vom Apotheker bis zum Zahnarzt. Inwiefern prüft ihr, wer sich auf eurer Plattform anmeldet?
Bisher haben wir kein Prüfverfahren. Jeder kann sich anmelden, registrieren und sein Profil ausfüllen. Langfristig wollen wir mit Initiativen zusammenarbeiten und Kooperationen aufbauen, sodass Fehler bei den Profilangaben verbessert werden können. Wir versuchen auch gerade einen Blick darauf zu haben, was Unternehmen für Jobangebote inserieren. Die ersten Inserate waren unbezahlte Festanstellungen. So eine Ausbeutung wollen wir natürlich nicht. Das haben wir dann direkt geändert. Man kann jetzt keine unbezahlten Jobangebote mehr bei uns reinstellen.
24, hat an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft Kommunikationsdesign studiert. „Workeer“ ist in Zusammenarbeit mit Philipp Kühn als Bachelor-Abschlussarbeit entstanden.
Haben sie sonst schon schlechte Erfahrungen gemacht?
Das Feedback ist bisher überwiegend positiv. Vereinzelt haben wir aber auch ekelhafte Anfeindungen bekommen, Mails, in denen wir als „Vaterlandsverräter“ beschimpft wurden. Oder Vorwürfe, wir hätten die Pforten der Hölle geöffnet. Aber wir haben da mit mehr gerechnet. Es gab viele Meldungen von Bewerbern, die sich für alles bedankt haben. Und uns erreichen auch viele Fragen.
Was sind denn die häufigsten Nachfragen?
Ganz oft fragen uns Leute, ab wann das Jobportal in mehreren Sprachen angeboten wird. Das liegt natürlich nahe. Noch ist die Seite nur auf deutsch. Doch Übersetzungsbüros haben uns bereits kontaktiert und uns unentgeltliche Hilfe angeboten. Dazu werden wir auch immer nach der Rechtslage gefragt. Wir bieten auf der Seite Informationsmaterial und Kontaktdaten zu Ansprechpartnern an. Das wollen wir sehr gern ausbauen und auch Leitfäden für Arbeitgeber entwickeln.
Auf der Website kündigen sie den offiziellen Launch für Ende des Jahres an. Gibt es schon Pläne, wie „Workeer“ weiter finanziert wird?
Es gibt keinen Finanzierungsplan. Wir wollten eine gute Abschlussarbeit machen und dabei Flüchtlingen helfen, hier auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Wir haben Lust, das Ganze weiterzuentwickeln, aber uns ist auch klar, dass wir es unmöglich hauptberuflich machen können. Philipp hat schon lange seine Selbstständigkeit mit entsprechenden Projekten geplant und ich habe ab Mitte August eine Festanstellung in einer Agentur. Wir werden natürlich versuchen, uns für das Projekt Zeit zu nehmen.
Was haben sie eigentlich für eine Note bekommen?
Zweimal sehr gut.
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