: Behörden beäugen jedes Genital
Migration Um festzustellen, ob unbegleitete jugendliche Flüchtlinge minderjährig sind, begutachten die Hamburger Behörden jährlich hundertfach deren Geschlechtsteile – auch bei Mädchen
Minderjährig oder nicht? Hamburgs rot-grüner Senat lässt auch bei weiblichen Flüchtlingen die Geschlechtsteile untersuchen, um diese Frage zu beantworten. Auf eine Nachfrage der FDP-Fraktion hin räumte er jetzt ein, bei der Altersbestimmung stets den Körper zu begutachten: „Die Untersuchung der Entwicklung der äußeren Geschlechtsmerkmale gehört routinemäßig dazu.“
Dass das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf regelhaft die Penisse mutmaßlich minderjähriger Flüchtlinge in Augenschein nimmt, hatte vor vier Wochen für Aufsehen gesorgt. „Auch bei Untersuchungen der Geschlechtsmerkmale muss die Privatsphäre gewahrt bleiben“, verlangte der Präsident der Hamburger Ärztekammer, Frank Ulrich Montgomery. Die Linksfraktion im Bundestag sprach von einer „sexuell entwürdigenden staatlichen Maßnahme“, die umgehend einzustellen sei.
Aus Sicht der FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Jennyfer Dutschke setzt die jüngste Auskunft des Senats noch eins drauf, denn bei weiblichen Flüchtlingen war bisher nur von einer „Inspektion des Entwicklungszustandes der Brustdrüsen“ die Rede gewesen: „Rot-Grün macht keine Anstalten, von der hochnotpeinlichen Genitaluntersuchung abzurücken“, sagt Dutschke. Und der Senat gebe zu, dass unter den vielen hundert Betroffenen pro Jahr auch Frauen seien. „Das ist keine Willkommenskultur, das ist nur unwürdig.“
Für Karin Prien von der ebenfalls oppositionellen CDU kommt das Verfahren als Ultima Ratio durchaus in Betracht. „Wenn der Jugendliche eine Untersuchung will, muss er entscheiden, was für ihn persönlich der geringste Eingriff ist“, sagt sie. Er müsste also etwa zwischen einer Röntgenuntersuchung seines Gebisses und einer Genitaluntersuchung wählen.
Nach Auskunft des Senats ist es mit der Freiwilligkeit aber so eine Sache: „Sofern ein Betroffener an der Ermittlung des Sachverhalts durch eine medizinische Untersuchung nicht mitwirkt, wird die Inobhutnahme beendet.“ Kein Beinbruch, findet die Christdemokratin: Auch ein als erwachsen angesehener Flüchtling, so Prien, ist ja nicht nicht völlig schutzlos. KNÖ
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